Gila - The Way of Heroes
Der letzte Tempelritter
Als er wieder zu sich kam
herschte völlige Dunkelheit um ihn. Er lag noch immer in einem Bett. Aber Jülam
konnte nicht schlafen, ihm gingen die Dämonen nicht mehr aus dem Kopf. Er musste
es Gräfin Amanda melden! Sofort! Jülam richtete sich auf und stellte überrascht
fest das sein Körper nahezu wieder voll funktionsfähig war. Das wenige
Mondlicht, das aus dem einzigen Fenster des Zimmers schien reichte aus damit
Jülam sich umsehen konnte und prompt sah er auch schon seine heilige Rüstung und
sein ebenso heiliges Schwert in der Ecke stehen. Sie waren (soweit Jülam das
beurteilen konnte) wieder sauber und glänzten. Jülam zog sich die schwere
Rüstung an und hängte sich das Schwert an die Seite. Leise öffnete er die Tür
und blickte nun direkt auf einen kleinen Innenhof mit Springbrunnen in der
Mitte. Er bedauerte zwar das er sich nicht bei den Heskurt- Geweihten für ihre
Hilfe bedanken konnte aber seine Mission hatte absoluten Vorrang! So schlich der
Tempelritter die Wege und Gänge entlang bis er schließlich vor dem Außentor
stand. Aber sofort verkroch er sich wieder in einer Nische als er sah, das zwei
Novizen das Tor bewachten. Sie trugen Lanzen und die typischen Kappen der
Novizen. Jülam konnte und wollte sich aber nicht solange mit ihnen aufhalten
weshalb er mit großen Schritten aus das Tor zurannte. Die Novizen die davon
ausgingen das ein Angriff normalerweise von „außen“ und nicht von „innen“ heraus
erfolgen musste blickten ihn mit offenen Mündern an, auch dann noch als Jülam
sich mit einem geschickten Satz über das Tor schwang und auf der anderen Seite
wieder landete. Noch bevor die Novizen reagieren konnten verschwand Jülam in der
Dunkelheit...
Weit kam er aber nicht
denn schon spürte er einen Stich im Herzen. Es war aber nicht das Herz selbst,
so wie Jülam im ersten Moment vermutet hatte, sondern ein Gefühl. Und Jülam
wusste was dieses Stechen bedeutete : Dämonen! Als Tempelritter hatte man ihn
seit seiner Kindheit darauf trainiert Dämonen schon zu spüren wenn sie noch
nicht in Sichtweite waren. Bei manchen war diese Fertigkeit mehr oder weniger
gut ausgebildet. Da Jülam noch recht jung war war seine Fertgikeit im „Dämonen
spüren“ noch nicht sehr ausgeprägt und nur im dichten Nebel wäre sie ihm
nützlich gewesen. Das konnte nur bedeuten das die Dämonen in unmittelbarer Nähe
sein mussten! Oder es waren sehr mächtige oder sehr viele Dämonen! Jülam wusste
nicht was er tun sollte. Sollte er das Risiko eingehen und die Dämonen
bekämpfen, wie es seine heilige Pflicht war oder sollte er sich nicht unnötig in
Gefahr begeben damit er Amanda Bericht erstatten konnte? Ein Schrei riss ihn aus
seinen Zweifeln. Und sofort fiel die Entscheidung. Er rannte in Richtung des
Schreis der inzwischen verstummt war. Ohnmächtig musste er feststellen das der
Schrei aus dem Heskurt- Tempel kam! Die Tore waren aufgebrochen und die zwei
Novizen lagen brutal zugerichtet darnieder. Nun hörte er Jammern und weitere
Schreie aus dem inneren des Tempels. Jülam raste die Gänge und Korridore entlang
und folgte einer Spur des Todes: tote Geweihte überall und sogar ein Kleriker
lag röchelnd auf dem Boden. Jülam erbarmte sich und kniete sich neben ihn und
gab ihm mit einem Gebet noch ein wenig Kraft zum reden. „Was ist passiert?“,
fragte Jülam obwohl er die Antwort schon kannte. Ihn interesierte viel mehr, wie
viele und was für welche es waren. Metzler bestimmt nicht, die wären nie
an dem Kleriker vorbeigekommen der jetzt seinen heiligen Morgenstern
festumklammert hielt, wie in einem Krampf. „..Es war ein Dämon..Unglaublich
schnell...Und star-k-k..“, der Blick des Klerikers wurde glasig und dann
ausdruckslos. Er war tot. Jülam sprach ein Gebet, segnete ihn und griff sein
Schwert, von dem nun ein leichtes Leuchten ausging. „HAAAARRR!!!! KOMM RAUS DU
VERDAMMTES BIEST UND STIRB ENDLICH IM NAMEN LEESKES UND ALLER ANDEREN
GÖTTER!!!“, brüllte Jülam und raste immer weiter Richtung Innenhof. Dort bot
sich ein weiteres Schreckensbild: Wie auf einem Scheiterhaufen lagen mehrere
getötete Geweihte auf einem Haufen und daneben stand der Dämon und trennte mit
einem kraftvollen Schnitt seiner Klaue gerade den Kopf des Geweihten der Jülam
gepflegt hatte, ab. Dumpf landete der Rumpf im Gras das nun mit Blut durchtränkt
war. Es war ein Spinnendämon und ein verdammt großer noch dazu, wie Jülam
auffiel. Doch das kümmerte ihn in diesem Augenblick nicht die Bohne. Mit einem
Kampfgeschrei das seinesgleichen suchte stürmte er auf den Dämonen ein. Dieser
drehte sich wie in Zeitlupe um und sein einziges, karoförmiges Auge blickte
blutrot. Er war durchgedreht! Umso schlimmer! Jülam schlug in vollem Lauf zu
doch der Spinnendämon konterte geschickt und schleuderte ihn mitsamt seiner
Waffe zurück. Nun griff der Dämon an doch Jülam rollte sich gekonnt unter seiner
Klaue weg und griff sofort neu an. Diesmal schien der Dämon langsamer zu
reagieren und Jülam schaffte es sogar ihn mehrmals leicht zu verwunden,
hauptsächlich an den Armen. Anscheinend hatte der Dämon nicht damit gerechnet
hier auf einen Templer zu treffen und begriff nun die Gefahr in der er sich
eigentlich befand. Falls er überhaupt noch denken konnte. Denn Jülam wusste das
durchgeknallte Dämonen nicht mehr denken oder sonstwie logisch handeln konnten
sondern nur noch aufs Töten auswaren, egal was aus ihnen selbst wurde. Ein
harter Kampf entbrannte und beide erwiesen sich als ebenwürdige Gegner. Lange
sah es so aus als könne keiner der beiden einen Vorteil für sich gewinnen. Doch
langsam machte sich Jülams Schwäche wieder bemerkbar. Er atmete schwerer und
sein Herz drohte ihm aus der Brust zu springen. Seine Bewegungen wurden
langsamer und Damner landete einige harte Treffer die den Ritter vollends zu
Boden warfen so das er sich vor Schmerzen krümmte. Der Dämon lachte nur
dämonisch laut und stiess dann ein schauriges Gebrüll an. Dies nutzte Jülam um
mit seinem Schwert nach dem durchgeknallten Dämon zu werfen. Das Schwert
durchbohrte dessen Torso wie Butter und flog hindurch. Blut schoss aus dem neu
entstanden Schlitz und ergoss sich über Jülam. Der Dämon aber sprang wie in
einem Anflug letzter Verzweiflung auf Jülam und schlug wild brüllend auf ihn
ein. Knochen brachen, Gedärme wurden zerquetscht und selbst die heilige
Templerrüstung knackste an einigen Stellen. Dann, als der Dämon glaubte das
Jülam tot sei, schlich dieser schwerverwundet davon. Jülam lebte noch einige
Minuten, versuchte ein Gebet zu sprechen aber es hatte sich inzwischen zuviel
Blut in seinem Mund angesammelt, sodas nur ein Gestammel und Geröchel zu hören
war. Mit letzter Kraft hob er einen Arm gegen den sternenbedeckten, friedlich
scheinenden Himmel und röchelte: „LEEEEESKEEEEE!!!“
Dann erstickte der
letzte, tapfere Tempelritter Darktens qualvoll an seinem eigenen Blut. Es war
keiner mehr da der ihm helfen konnte...
„Die Höhle stürzt ein!“,
brüllte Alk. Die Erde bebte und Gesteinsbrocken rieselten von der Decke. „Raus
hier!“ Keiner widersetzte sich Alks Anweisung. Ti-ja schnappte sich den
bewusstlosen Cordal und gemeinsam rannten sie aus dem Höhlenkomplex. Einmal tat
sich direkt vor Sira die Erde auf und nur dank Alks schneller Reaktion fiel sie
nicht hinein. Immer wieder mussten sie größeren Brocken ausweichen die sie zu
erschlagen drohten. „Ich sehe den Ausgang!“, rief Itznak vor lauter Vorfreude.
Er beschleunigte seinen Schritt doch das Licht wurde immer weniger. Nicht weil
es so schnell dunkel wurde oder weil sich eine Wolke vor die Sonne schob.
Vielmehr blockierten immer mehr Steine den Ausgang. „NEIN!“, brüllte Alk und
schmiss sich mit voller Wucht gegen die Steine. Nichts passierte. Ihr einziger
Fluchtweg war damit versperrt.
„Verdammt!“, sagte Sira
und schlug verzweifelt gegen die Steine während sich ihre Augen mit Salzwasser
fühlten, „Das ist unser Ende.“ „Unsinn!“, widersprach Alk ernst, „wenn Cordal
aufwacht wird er uns hier wieder rausboxen.“ „Vorher werden wir hier aber
begraben Alk! Cordal ist vollkommen am Ende! Der Kampf mit Dunkel war zuviel für
ihn. Ich würde nicht auf seine Hilfe hoffen. Er hat schon genug durchgemacht.“,
meinte Ti-ja die Cordal immer noch in ihren Armen hielt. Alk sagte nun nichts
mehr. Konnte das sein? War dies wirklich schon das Ende? Nein, das durfte nicht
sein! „Helft mir mal! Auch du Ti-ja! Wir müssen die Steine wegschaufeln!“
Gemeinsam versuchten die fünf die Steinmassen zu entfernen. Aber es fielen immer
wieder neue Steine heran und die Tatsache das immer wieder Steine auf die
Freunde prasselten erschwerte es ihnen sichtlich Steine zu entfernen. Velea
schluchzte ununterbrochen und auch Sira kämpfte um ihre Selbstbeherschung als
ein größerer Brocken sie plötzlich am Kopf traf. Sie fiel um und blieb regunglos
liegen. „SIRA!“, brüllte Alk, krabbelte zu ihr und beugte sich über sie damit
sie nicht noch mehr abbekam. „Sira...“ Einige Steine trafen nun auch Alk doch er
riss sich zusammen und streichelte dafür Siras Kopf auf dem sich schnell eine
große Beule bildete. Nun war sich auch der Söldner sicher das das hier ihr Ende
werden würde. Noch versuchten Ti-ja, Itznak und Velea verzweifelt Steine
wegzuräumen doch auch ihre Bewegungen wurden langsamer...
Noch einmal blickte Egon
auf seine Armee. Es war ein strahlend heller Tag und die Rüstungen und Waffen
der Soldaten blitzten umso heller und schärfer. „Schleußens Wille“ setzte sich
bald daraufhin in Bewegung und hinterliess ein vollkommen leeres Lager. Der Weg
nach Glemmerstadt war noch weit doch Egon und Arno waren zuversichtlich das die
Armee es aushalten würde. Und wenn Egons Taktik tatsächlich aufging, bestand
sogar die Chance das es mehr als die Hälfte auch überleben würden ; Nämlich die
Schlacht bei Glemmerstadt.
Schon seit Tagen wartete
der Todesengel nun. Seine Gelenke wurden zwar nicht steif, er wurde auch nicht
müde, aber die Ungewissheit nagte an ihm. Hatten sich diese Kerle an ihm
vorbeigeschlichen ohne das er es bemerkt hatte? Oder hatte Damner gar nicht
versagt und sie waren schon längst tot? Für einen Moment gefiel Dashner dieser
Gedanke sehr gut, doch er mahnte sich zur Vorsicht. Diese drei waren nicht zu
unterschätzen wie man am Beispiel Damners gesehen hatte. Ein Magier war einfach
kein Gegner mit dem sich Dämonen gerne anlegten. Sicher, auch Magier waren
verletzbar aber dafür musste man erst mal an sie rankommen. Und DAS war schon
weitaus schwieriger. Vorallem für einen groben Schlächter wie Damner. Dashner
schmunzelte innerlich während er nach außen hin vollkommen regungslos blieb. Er
atmete nicht einmal denn auch das
brauchten Dämonen nicht. Damner liebte das Gemetzel und das Morden. Dashner
hatte zwar auch nicht dagegen aber manchmal wurde es dem fragil aussehenden
Dämonen doch zuviel und er sehnte sich wieder nach anspruchsvollerem. Das war
auch gut so denn sonst hätte ihn Ratjanarak auch kaum als engsten Verbündeten an
ihrer Seite wissen wollen.
Dashner kauerte oben auf
einem Abhang und überblickte somit ganz Horukenberg. Zumindest das Dorf um die
stolze Burg, dessen Fahnen das Wappen von Graf Schnitzer zeigten: Ein
Morgenstern der am Griff Dornen hatte, flankiert von Lanzen und Hellebarden.
Dashner wunderte das man ihn noch nicht bemerkt hatte. Zugegeben er hatte sich
in einem Busch verkrochen aber irgendein Geweihter, Kleriker oder Tempelritter
(falls es hier überhaupt welche gab, was Dashner nach der Schlacht gegen diese
stark bezweifelte) hätte ihn schon längst „gespürt“. Doch solche Gedankenänge
waren müßig und lenkten ihn von seiner eigentlichen Aufgabe ab. Im Moment gab er
sich damit zufrieden das er unbemerkt blieb. Am dritten Tag passierte etwas
eigenartiges. Ein Trupp Soldaten ritt in die Burg. Es waren nur drei Stück,
vermutlich Kuriere. Das an sich war nichts besonderes. Nahezu täglich kamen
Kuriere nach Horukenberg um den Grafen über die Geschenisse in seinem Reich auf
dem Laufenden zu halten. Aber diese trugen das Wappen der höchsten Dringlichkeit
das es ihnen erlaubte ohne Probleme an jeden Barrikaden und Toren vorbeizureiten
ohne aufgehalten zu werden. Natürlich galt dieses Banner nur für das jeweilige
Fürstentum, aber es gab auch die kaiserliche Dringlichkeitsfahne mit der man
wirklich überall im gilanischen Reich passieren konnte. Dashner beschloss
sich das ganze einmal näher anzusehen, wartete bis zur Nacht, (und achtete
darauf ob die Kuriere nicht doch wieder aus der Burg kämen was allerdings nicht
geschah) und flog leise über die Dächer des Dorfes hinweg auf einen Turm zu. Die
Wachen dort stellten kein Problem für ihn da und leise tötete er die beiden
Wächter mit einem Stich durch den Hinterkopf. Zufrieden das es ihm so leicht
gelungen war in die Burg zu gelangen, schlich Dashner weiter. Er hoffte den
Grafen persönlich ausfindig zu machen um ihn auszuquetschen. Er kümmerte sich
deshalb nicht um die Kuriere weil er mit dem Grafen eine weitaus effektivere
Geisel hatte als mit „nur“ ein paar Kurieren. Das sollte Dashners
Rückversicherung werden, falls man ihn doch bemerken sollte. Immer wenn eine
Wache seinen Weg kreuzte schaltete er sie aus dem Hinterhalt heraus aus und
versuchte die Leichen nach Möglichkeit verschwinden zu lassen damit man ihm
nicht den Weg zu den Gemächern des Grafen vorzeitig versperren konnte. Solange
er noch auf den Wehrgängen herumschlich war es relativ einfach, denn er warf sie
einfach in den Bruggraben in dem (typsich für Graf Schnitzer) schon Piranjahs
und andere Monstren über die Leichen hermachten. Innerhalb der Burg aber nutzte
er die vielen Schatten und Nischen für seine Wegträumaktionen. Einmal wäre ihm
ein fast katastrophaler Fehler unterlaufen. Im Schatten versteckt beobachtete er
eine Wache, eine Frau, die noch recht jung aussah aber schon dunkle Ringe unter
den Augen hatte. Er SPÜRTE das sie noch Jungfrau war. Fast hätte Dashner sich
vergessen und sich an ihr vergnügt und somit all seine Prinzipien über den
Haufen geworfen. Doch diesesmal beherschte sich Dashner vorbildlich und benügte
sich lediglich damit sie mit einem schnellen Genickbruch aus dem Weg zu räumen.
Über einen kleinen Wehrgang gelangte er schließlich in das Haupthaus. Dieses war
wie in allen Burgen, das größte Gebäude, meist rechteckig angelegt und der
Hauptsitz des jeweiligen Herschers und seiner engsten Angehörigen. Aber auch die
Ritter hatten hier Zutritt. Unten im Hof brannte nur ein einziges Lagerfeuer und
einige Bauern unterhielten sich lautstark während sie assen und tranken. Die
würden sich noch wundern! Im Haupthaus war es nicht so leicht wie in den
Mauergängen, weil man hier sehr weit blicken konnte und es hingen hier auch
mehrere Fackeln. Es liefen auch bedeutend mehr Jungfrauen und Jungmänner herum.
Ohne auf seinen Instinkt zu achten, kam ihm in den Sinn sich wieder in einen
Menschen zu verwandeln! Doch so schnell wie ihm der Gedanke gekommen war
verdrängte er ihn auch wieder. Erstens hätte er sich in einen Menschen
verwandeln müssen dem es überhaupt erlaubt gewesen wäre sich in dem Haupthaus
aufzuhalten und zweitens war dies mit einer unglaublichen Kraftanstrengung
verbunden. Als er und Damner sich damals verwandelt hatten waren sie auch sehr
schwach gewesen und die beiden Mädchen die sie am Abend verzehrt hatten, waren
auch bitter nötig gewesen. Und Dashner konnte es sich insbesondere jetzt nicht
leisten auch nur ein bisschen Energie zu verlieren. Endlich sah er eine
offenstehende Tür durch die er flugs hindurchschlich. Er befand sich nun in
einer Art Abstellkammer mit allerlei Zeugs. Gleich gegenüber befand sich eine
weitere Tür durch die er vorsichtig hindurchspähte. Es war der Thronsaal! Nur
zwei Wachen standen am, dem Thron genau gegenüberliegenden, großen Eingangstor.
Nur einige Fackeln beleuchteten den Saal und Dashner schlich unbemerkt von Säule
zu Säule immer näher Richtung Thron. Links hinter dem Thron befand sich ein Tor.
Dahinter musste es zu den Gemächern des Grafen gehen, da war Dashner sich sehr
sicher. Blitzschnell huschte er zum Tor, glitt hindurch – und blickte in die
Augen einer Wache. Nur wenige Zentimeter trennten sie. Die Wache war nicht
allein, ein weiterer Wachmann stand rechts neben ihm. So schnell wie nur ein
Todesengel reagieren konnte tötete er den Wachmann vor sich und noch bevor der
andere „Alarm!“ rufen konnte schnitt Dashner diesem die Stimmbänder durch so das
nur ein erstickendes Gurgeln zu hören war. „Nun aber schnell!“, dachte Dashner.
Der Todesengel wollte gerade die kleine Treppe hochhechten als etwas ihm ans
Bein griff. Es war der nun stimmlose Wächter. Sein Gesicht war schmerzentstellt
und Blut schoss aus seinem Mund und Hals. Seine hasserfüllten Augen aber zeugten
von Durchhaltevermögen. Grinsend hob Dashner den an seinem eigenen Blut
erstickenden Mann hoch und sah zu wie er langsam erstickte. Dann rannte er
wieder die Treppen hoch und diesmal hielt ihn niemand mehr auf...
Nun gaben es auch die
anderen auf. Immer mehr Steine prasselten auf sie ein. So kurz vorm Ziel und
doch am Ende. „Leute ich will euch ja nicht die Laune verderben aber diesmal
sitzen wir derbe in der Scheisse!“, fluchte Itznak erschöpft. Die Erde fing auf
einmal an zu beben und die Steine fielen immer schneller. Noch immer beugte sich
Alk schützend über Sira und drückte sie fest an sich. Dasselbe tat Ti-ja bei
Cordal der immer noch bewusstlos war und ihnen somit nicht helfen konnte. Velea
und Itznak hatten sich förmlich eingeigelt und warteten so ihr Ende ab. Just in
diesem Augenblick wurde das Beben stärker aber die Steine hörten übergangslos
auf zu rieseln. Es herschte mit einemal eine seltsame, irreale Stille. „W..was
hat das zu bedeuten?“, fragte Ti-ja. „Ich glaube ich weiß was los ist!“, sagte
Alk nicht ohne einen freudigen Unterton in der Stimme. Dann flogen die Steine
vom verperrten Ausgang weg. Restlos alle. Wo hin sie flogen konnte Alk nicht
erkennen denn das Sonnenlicht (obschon kaum noch vorhanden) blendete ihn zu
sehr. „Los schnell!!“, rief Alk den andren zu, schnappte sich Sira und gemeinsam
kraxelten sie aus der Höhle. Alle atmeten tief ein und genossen die frische
Luft, die zwar leicht trocken war aber immerhin frisch! Velea konnte sogar nicht
an sich halten und lachte mit Tränen in den Augen:“ Ich dachte das wars. Ich
dachte wirklich nun ist es aus!“ „Hui! Ich geb ja zu, das war haarscharf. Ich
hatte schon mit meinem Leben abgeschlossen!“, meinte auch Itznak leicht verlegen
grinsend. Dann griff sich Velea Itznak und schleuderte ihn über die Ebene. „Wir
leben, wir leben!“, lachte sie erleichtert. Itznak gefiel das wohl doch nach
einer Weile meinte er :“Du kannst mich ruhig wieder runterlassen Velea! Mir wird
schon ganz übel, ich glaub ich muss gleich..“ „Oh natürlich! Tut mir leid.“
Behutsam setzte sie den kleinen Goblin ab und blickte dann Alk an. Dieser kniete
mit Ti-ja neben den beiden Bewusstlosen. „Oh, bei Leeske! Das hätte ich ja fast
vergessen! Wie geht es ihnen Alk?“ „Schwer zu sagen... Cordal scheint nur
bewusstlos zu sein, aber Sira..“ „Sie ist doch nicht..?“ Alk schüttelte lächelnd
den Kopf:“ Nein. So schlimm wars auch wieder nicht. Außerdem hat sie einen
ziemlichen Dickkopf.“ Erleichtert seufzte Velea auf und setzte sich zu ihnen.
Dann stand auf einmal wieder Clemens neben ihnen. Itznak knurrte grimmig. Doch
Alk erhob sich und blickte dem Magier direkt in die unergründlichen leuchtenden
Augen:“ Wir haben unseren Teil getan, Clemens. Ich nehme doch stark an das du
uns gerettet hast, nicht?“ „Ja, das habe ich.“ „Nun ich denke damit sind wir
quitt.“ „Nein, ich stehe zu meinem Wort. Ich werde euch überall hinbringen.
Außerdem bekommt ihr natürlich auch entsprechende Verpflegung.“, meinte Clemens
und deutete mit dem Kinn auf Cordal und Sira. In diesem Augenblick verspürte Alk
zum ersten Mal so was wie Achtung vor dem alten Magier. Die Tatsache das er zu
seinem Wort stand machte ihn sogleich sympathischer. „Und? Bist du nun zufrieden
Clemens? Hast du jetzt endlich deinen Frieden gefunden?“ Alks Frage hatte einen
aggresiven Unterton. Der Angesproche durchbohrte Alk förmlich doch dann wurde
sein Blick weich und fast wehmütig:“ Nicht wirklich. Aber ich bin weder dir noch
sonst wem Rechtschaffenheit schuldig Westreichler...!“ „Alk! Mein Name ist Alk!“
Zuerst sah es so aus als wollte Clemens wieder aufbrausen und Velea und Ti-ja
schimpften Alk in Gedanken einen Tolpatsch aber Clemens beherschte sich. Nur
Itznak verstand Alk und blickte ihn bewundernd an. Das ein einfacher Dieb und
Söldner sich so gegen einen alten, mächtigen Mann stemmte bewunderte er
innerlich. Alk unterliess (zum Aufatmen aller) weitere Fragen und als sie
schließlich wieder im großen Speisesaal ankamen erwartete die sechs schon ein
Festbankett. Cordal und Sira waren inzwischen wieder aufgewacht nachdem Clemens
ihnen seine Hand auf ihre Stirn gelegt hatte. Sie schienen nun topfit. „Also
wenn das immer so ist dann können wir das ruhig öfter machen oder was meint
ihr?“, sagte Itznak grinsend und schob sich eine Kartoffel mit Jägersoße in den
Mund. „Hör bloss auf! Ich hab jetzt noch Kopfschmerzen.“ , beschwerte sich Sira
und befühlte vorsichtig ihren Verband den ihr Clemens (magisch) umgelegt hatte.
Er hatte vorher noch eine Salbe auf ihre Beule getan damit diese schneller
verschwand. Clemens hielt es wieder nicht für angebracht mit ihnen zu essen und
liess sich nicht blicken. Als sie nach dem Essen einen der Goblindiener fragten
wo er denn sei, sagte dieser nur:“ Wenn ihr fertig seit folgt mir zu eurern
Quartieren. Meister Clemens möchte jetzt nicht gestört werden.“ Als alle nach
einem Bad fragten dauerte es nicht lange und Badezuber wurden in ihre Zimmer
gebracht. „Das nenn ich Service!“, meinte Velea und glitt in den Zuber nachdem
sie sich ihrer Klamotten entledigt hatte. Während die anderen badeten beschloss
Alk Clemens aufzusuchen um ihm zu sagen wohin sie als nächstens wollten. Doch
Cordal bat Alk das er gehen dürfe, denn immerhin sei Alk nicht besonders gut auf
Clemens zu sprechen und er selbst musste den alten Magier noch etwas fragen. Alk
hatte keine Einwände.
Cordal musste wissen was
das für eine seltsame Kraft war, die ihn da überströmt hatte. Noch nie hatte er
etwas über dieses Phänomen gelesen und deshalb hoffte er von Clemens dem
Sauberen eine Antwort zu erhalten. Zwei in zusammengeflickten Rüstungen
steckende Goblins mit Hellebarden versperrten ihm allerdings den Zutritt zu
Clemens Turm. „Ich muss aber unbedingt mit eurem Meister sprechen!“ Eine Weile
schwieg der Goblin und schien in sich hineinzulauschen. „In Ordnung. Meister
Clemens erwartet dich in seinem Observatorium.“ Observatorium? Hatte Clemens
etwa auch ein Teleskop? Gut möglich. Clemens war nicht nur ein brillianter
Magier und Wissenschaftler sondern auch ein begeisterter Sternenforscher, das
wusste Cordal aus Büchern über ihn, die er in Galaströ gelesen hatte. Er schritt
eine Wendeltreppe hoch und gelangte so in die Spitze vom Turm. Neben Regalen mit
Büchern, Instrumenten und Sternenkarten stand Clemens selbst vor dem Teleskop
und winkte ihn mit einer Handbewegung zu sich. „Komm her Cordal.“, sagte er fast
schon zärtlich,” Und sieh dir diesen Stern an.” Cordal kam der Aufforderung nach
und blickte durch das Rohr. Er erblickte eine kleine blendend weiße Kugel die zu
flackern schien. „Verzeiht Meister Clemens aber was für ein Stern ist das? Ich
bin nicht sehr bewandert in der Sternenkunde.“, gab Cordal zu. Der alte Magier
lächelte und antwortete:“ Das ist Pirna. Ich habe ihn nach meiner Frau benannt.
Sie war auch so hell und strahlend wie dieser Stern.“ „Es tut mir leid Meister
Clemens.“, sagte Cordal mit ernstem Bedauern. „Das muss es nicht Cordal aus
Galaströ, du kannst ja nichts dafür. Aber sag, wieso bist du zu mir gekommen?“
„Ach ja. Nun ich wollte ihnen sagen wohin wir gerne transportiert werden
möchten.“ „Nun?“ „Wir wollten gerne zurück nach Chaosstadt.“ „Chaosstadt? Nun,
das kein Problem. Morgen früh müssten wir dort sein. Sonst noch was?“ „Nun...
Also als wir gegen Dunkel kämpften, besser gesagt als ICH gegen ihn kämpfte, gab
es ein seltsames Gefühl was mich durchströmte, Meister Clemens. Ich kann es
schwer erklären, auf jeden Fall gab es mir die notwendige Kraft Dunkel zu
besiegen. Wisst ihr um was für eine Macht es sich handeln könnte?“ Je mehr
Cordal sprach desto nachdenklicher wurde Clemens Miene. „Kam es plötzlich?“
„Ja... das heisst, nein. Ich habe mich konzentriert und dann war es auf einmal
da. Ich dachte zuerst meine Konzentration hätte ihren Höhepunkt erreicht doch
nie zuvor habe ich diese Macht gespürt.“ Clemens zupfte an seinem Bart und
musterte Cordal eindringlich. „Es kann passieren Cordal. Allerdings sehr, sehr
selten. Es ist kaum vorstellbar das ein so junger Magier wie du... wie alt bist
du eigentlich?“ „Ich bin jetzt 17, Meister.“ „...kaum vorstellbar das du schon
ein solches Erlebnis haben konnest. Die einzigen die ich kenne die schon eine
solche Macht gespürt hatten und das in deinem Alter, die sind heute alle...“
Clemens verfiel in brütendes Schweigen. „Was Meister Clemens? Was sind sie
heute? Tot?“ „Nein das nicht. Sie sind heute alle – Magi!“ Cordal verschlug es
die Sprache. „Wollt ihr etwa damit andeuten..?“ „Ich habe nicht ein Wort darüber
verloren junger Magier. Es könnte auch sein das es reiner Zufall war und sich
dieser Zwischenfall nie wieder erreignet. Aber sollte dem nicht so sein...“ „Ich
soll das TALENT besitzen?“, murmelte Cordal zu sich selbst. „Du bist ein
intereresanter Magier Cordal. Es ist lange her das ich einen wie dich traf. Es
wäre mir eine Freude wenn du hier bleiben und mir Gesellschaft leisten würdest.
Wenn du wirklich das TALENT besitzt, braucht es einer starken Hand um deine
Geschicke in die richtige Bahnen zu lenken. Und selbst wenn nicht: Ich würde
dich in alles unterweisen was ich weiß. Du könntest mein Erbe werden Cordal aus
Galaströ! Ich spürte dein reines Herz, in dem Moment in dem du von meinem
magischen Bann getroffen warst. Was hälst du von meiner Idee?“ War Cordal gerade
eben sprachlos gewesen so war er nun einer Ohnmacht nahe. Diese Ehre! Diese
unglaubliche Ehre wurde ihm zuteil! Ihm! Dem Verstoßenen Magier aus Galaströ!
Cordal zitterte am ganzen Leib. Ihm war klar das sich in den nächsten Sekunden
sein weiteres Schicksal entscheiden würde. Und er wollte auf keinen Fall die
falsche Enscheidung treffen! Doch er hatte sie schon getroffen...
Späher berichteten von
Dämonenhorden die kurz davor standen Glemmerstadt zu belagern. Egon wusste
ebenso wie jeder andere von „Schleußens Wille“ das die „Perle des Westreichs“
nicht lange durchalten würde. Schon gar nicht gegen eine wilde Dämonenhorde.
Glemmerstadt ware nun mal keine Garnisionstadt wie Schwertburg oder Kleask. Aber
Egon war sich sicher das Glemmerstadt nicht freiwillig in die Klauen dieser
Bestien fiel. Denn dann wäre nicht nur ihre Ehre besudelt sondern die Einwohner
auch dem sicheren Tod geweiht. Dämonen machten keine Gefangenen, das war jedem
klar. So war es besser mit der Waffe in der Hand zu sterben als feige in seinem
Haus. Schon seit geraumer Zeit fragte sich Egon wie es wohl seiner Schwester
erging. Soweit er wusste hatten die Dämonen auch schon einige Dörfer Darktens
angegriffen. Er machte sich tatsächlich Sorgen um sie obwohl sie ihn
wahrscheinlich am liebsten umgebracht hätte, wäre sie da gewesen. Graf Egon der
zweite seufzte als sie durch ein kleines Dorf kamen. Die Menschen dort jubelten
ihnen zu das es ihm die Tränen in die Augen trieb. Die Soldaten von „Schleußens
Wille“ winkten den Menschen fröhlich zu, denn sie wussten: Würden sie versagen,
würde es keine Freude mehr geben. Ein kleines Mädchen in einfachen
Bauernkleidern lief nun auf Egon zu, einen Blumenkranz in der Hand. Egon hielt
mit der ganzen Armee und sprang von seinem stolzen Ross ab. Das Mädchen zitterte
ein wenig, denn sie wusste sehr wohl wer Egon war, als sie ihm den Kranz um den
Hals legte. Egon kniete sogar dafür hin. „I..ihr mü..üsst euch nicht verbeugen
mein Lord..“, stammelte das Mädchen verlegen. Egon blickte auf hob das Mädchen
hoch und setzte es auf sein Pferd. Dann sprang er auch auf. So zogen sie weiter
durch das Dorf. „Du darfst auch winken.“, flüsterte Egon ihr ins Ohr. Erst
zaghaft, dann immer heftiger began das Mädchen mit den Armen zu winken. Und die
Dorfbewohner winkten zurück. Am Dorfesrand setzte er das Mädchen wieder ab wo
schon die Eltern auf ihre Tochter warteten. „Danke mein Lord.“, sagte der Vater.
„Passt gut auf sie auf. Sie ist ein tapferes Mädchen, guter Mann.“, sagte Egon.
„Natürlich mein Lord! Möge Wolkor mit euch sein, mein Lord, und euch einen
glorreichen Sieg bescheren!“ Egons Herz machte einen Satz und fast wäre er am
liebsten umgekehrt um im Dorf zu bleiben ,bei seinem Volk, aber dann fühlte er
den kalten, harten Stahl des Tartak in seiner Hand und dachte an seinen
Vater. Und alle Sentimentalitäten für die Graf Egon der zweite so bekannt war,
waren im Nu verflogen.
Der Ritt gen Glemmerstadt
trat in die enscheidene Phase...