Gila - The Way of Heroes

 

„Selbst eine kleine Heldentat ist es wert in einer prächtigen Erzählung bejubelt zu werden!“

Zwergenchronist Kal’ak Kupferbart aus der Heldenhalle

 

Sie hatten sich alle auf einem Turm versammelt und blickten teils verträumt, teils begeistert auf die Erde hinab. Während die Mädchen, da sie alle etwas weltfremd waren, mit großen Augen umher blickten und Itznak die Situation ausnutzte um vielleicht unter Veleas Rock zu blicken, schweiften die Blicke von Alk und Cordal in die Ferne. Alks Umhang umflatterte ihn und er sah aus wie eine Statue aus Stein, wäre da nicht dieser Glanz in seinen grauen Augen gewesen. Cordal hatte die Stirn in Falten gelegt und dachte bestimmt wieder über irgendwelche kosmischen Zusammenhänge nach.

Aber trotzdem bemerkte er wohl das in Ti-ja von Zeit zu Zeit betrachtete. Wenngleich er nicht wusste was er davon halten sollte. „Eine Freundin...“, dachte er wehmütig,“ Immer höre ich es von anderen, immer muss ich es in Büchern lesen... die Liebe.“ Ti-ja trat zu ihm.

„Worüber denkst du nach?“,fragte sie und lehnte sich auf die Zinnen. Der Wind spielte mit ihren schulterlangen blonden Haaren.

Cordal fand zuerst keine Worte. Er überlegte krampfhaft eine Antwort, obwohl er eigentlich wissen müsste worüber er gerade nachgedacht hatte! Aber es war wie weggeblasen!

„Ähh... öh. Ich denke über unsere weitere Reise nach. Was uns wohl am Golddrachenberg erwarten wird.“

„Der letzte Silberdrache nehme ich an.“, grinste Ti-ja keck. Cordal lächelte peinlich berührt zurück:

„Ja – ja natürlich. Ich meinte eigentlich außer Muren.“ „Achso.“

Ti-ja schwang sich näher zu ihm und nur noch wenige Zentimeter trennten sie voneinander. „Meinst du dass wir danach noch eine Aufgabe bekommen, oder ob es das war?“, meinte Ti-ja auf einmal mit ernster Stimme.

„Ich weiß es nicht. Warum? Hast du Angst?“, wagte Cordal eine Frage. Es war nur natürlich Angst zu haben. Aber Ti-ja lächelte zurück und Cordal spürte das Blut durch seinen Kopf schießen:

„Solange du dabei bist – hab ich keine Angst!“

 

„Ein schönes Paar.“,dachte Alk so bei sich. „Sie ist zwar nicht die hellste, aber rustikal und auf ihre Art und Weise hübsch. Er ist der aufgeklärte Stadtjunge, der keine Ahnung von Gefühlen hat. Sie ergänzen sich gut.“ In der Ferne sah er die merkwürdigen Dächer und verdrehten Türme von Chaosstadt.

„Wir sind bald da!“, rief er den anderen zu. „Ajaj Capt’n!“, grinste Itznack und hoppelte hin und her.

„Dann lasst uns unsere Ärsche mal moven damit wir der alten Drachensocke eine reindrücken können!“

„Ich glaube nicht das wir kommen sollen um ihm eine „reinzudrücken“.“, murmelte Cordal.

„Püah! Wenn ich wegen diesem Bimbo sone Scheiße erleben musste, dann darf ich ihm auch in’n Arsch treten!“, fauchte Itznak und verschrenkte die Arme.

„Nicht streiten, Leute.“, meine Velea und ging dazwischen. „Genau. Denn nun wird’s wirklich ernst. Stimmt’s Alk?“, fragte Sira. „Yep. So sieht’s aus.“

Sie wurden in einem nahem Wald abgesetzt. Clemens bedankte sich noch einmal persönlich und reichte Cordal die Hand und legte einen Arm auf seine Schulter:

„Nun denn, junger Magier aus Galaströ. Wie ich sehe zieht ihr es vor bei euren Freunden zu bleiben, anstatt bei mir die hohen Künste der Magie zu erlernen.“ Clemens musterte einen nach dem anderen,“

Und wie ich sehe habt ihr nicht zwingend falsch gehandelt. Gute Reise!“

„Was heisst hier „nicht zwingend“??“, fauchte Itznak aber da waren sie schon unten. Über ihnen sahen sie ein letzes mal die fliegende Burg, ehe sie hinter Nebel und Wolken verschwand.

„Alles klar, Cordal?“, wollte Alk wissen. Cordal blickte dem Nebel noch eine Weile nach bis er lächelnd meinte:“ Mir ging’s nie besser.“

 

Amanda wusste nicht mehr wie lange sie schon hier saßen. Sie und Josef. Dieser schnarchte sein bestes. Sie hatten sich in Schichten eingeteilt um die Rückkehr von Alk nicht zu verpassen. Amanda zückte einen kleinen Handspiegel und betrachtete sich. Ihr war hundeelend. Normalerweise hätte sie schon längst ein Zimmer gemietet, aber nahe der Bank gab es kein Gasthaus. Deshalb waren sie auf der Bank geblieben. Woanders wäre dies auch aufgefallen, aber in Chaosstadt war so ein Verhalten fast schon „zu normal“. Amanda betrachtete sich eindringlicher. Ihre Augen waren übermüdet und teilweise gerötet. Ihr Gesicht war fast leichenblass und ihr war schwindelig. Sie rempelte Josef, der mit einem „Ich bin wach!“ aufwachte.

„Du bist dran, Schlafmütze.“, murmelte Amanda. Sie war gereizt. Es lief nicht so wie sie es sich gedacht hatte.

„Selbstverständlich, Amanda!“, meinte Josef nun hellwach. Es war erstaunlich, dass Amanda so einen bereitwilligen Trottel gefunden hatte, der ihr die Drecksarbeit abnam. Sie war ihm noch nicht einmal dankbar, er war einfach ein Diener, wie diejenigen die sie schon seit ihrer Jugend betreut hatten. Für Amanda gab es ganz klar zwei Sorten von Menschen: Herren und ihre Diener. Sie war die Herrin, er der Diener. Das war eine Tatsache, und nichts würde sie von ihrem Denken abbringen.

Deshalb war sie auch so sauer auf Alk. Nicht nur, dass er sie an einer empfindlichen Stelle verletzt hatte, er kam auch noch aus einem geringeren Stand als sie und hatte ihre Befehle trotzdem ignoriert!

Diese Aufmüpfigkeit! Diese verfluchte Wiederspenstigkeit!

Aber nun wollte Amanda schlafen. Einfach nur schlafen. Sie nam Josef die Decke ab und wickelte sich darin ein.

 

Keine zwei Minuten später liefen Alk und seine Kameraden an den beiden vorbei. Trotz seines Willens war Josef eingenickt und er lehnte an Amanda.

„Guckt mal,“, meinte Sira gerührt,“ ein Liebespaar, dass auf einer Bank schläft.“

„Ja, aber verdammich viel Gepäck dabei.“, murmelte Itznak und betrachtete den großen Rucksack der beiden.

„Hmm...“, machte Alk.

Sie gingen in die Bank, hoben ein paar Dukaten ab und machten sich auf den Weg zum Golddrachenberg.

Das Tor lag im Norden der Stadt, und nachdem Cordal einen weiteren Irren weggeschubst hatte (der meinte ER sei der Kaiser und er müsse ein Gesetz zum Hampeln erfinden), erschien wieder die Alte Frau mit der Hakennase und dem Katzenbuckel.

„Nun, wie ich sehe habt ihr das Fehlende tatsächlich gefunden.“, krächzte sie und grinste geheimnisvoll.

„Was auch immer dass „Fehlende“ war...“, murmelte Alk.

„Das werdet ihr noch erkennnen, früher oder später. Doch nun folget mir.“

Die Alte Frau, Fremene, humpelte mit den Gefährten in die Berge....

 

Egons gesamte Infanterie hatte Stellung bezogen. Mit wehenden Bannern und grimmigen Ausdrücken auf ihren Gesichtern traten sie der Dämonenhorde entgegen. Egon selbst stand in der Einheit seiner Leibwachen, die ihm zu ehren von ihren edlen Rössern abgestiegen waren. Nun waren sie ein Teil des Fußvolkes, genau wie fast alle anderen. Hinter ihnen stand eine Reihe Bogenschützen, teils mit magischen Bögen bewaffnet. Egons Griff um Tartak verstärkte sich und die Klinge glühte rötlich auf.

„Dies wird entweder unsere letzte oder unsere beste Schlacht werden!“, hatte er den Männern vor der Schlacht zugerufen. Nun bildeten sie einen Block aus Soldaten allerlei Schichten. Sie wirkten mehr oder weniger wie eine Räuberbande, aber ihr Vorhaben verband sie: Glemmerstadt von den Dämonen zu befreien und diese Plage ein für allemal zu vernichten. Nicht nur vertreiben, sondern vernichten!

Bogen zirrten und ein Pfeilhagel fällte die niederen Dämonen, die Metzler, zu hunderten. Doch die kleinen Kreaturen waren flink.

Als die erste Welle der Dämonen auf sie einbrach, sahen sich die Menschen Schleußens einer wahren Flut an Metzlern gegenüber. Sie waren keine wahren Gegner für einen Menschen, doch ihre schiere Masse überschwemmte ganze Einheiten und die Standarten kippten nach hinten über.

Egon und seine schwer gepanzerte Leibwache hingegen fochten mit solcherlei Ungestüm und Wut, dass die Metzler fluchtartig verschwanden, sobald sie nur den Fürsten sahen.

Nach dem ersten Ansturm schlugen die Menschen umso härter zurück, und unzähl’ge niedere Dämonen fielen wie Streichhölzer in einem tosenden Orkan. Kaum glaubten sie die Schlacht gewinnen zu können, als die Liza’s , Spinnendämonen und andere größere Dämonen auf sie einstürmten. Die Spinnendämonen steigerten sich in einen Blutrausch und unter ihren rasiermesserscharfen Klingen fielen Duzende von Kriegern, bevor sie auch nur einen zu Fall bringen konnten. Über den Köpfen der Kämpfenden zuckten Blitze der Magie. Schwarze Magie von verbündeten Blutigen Schwertern traf auf die Kräfte der Magier Schleußens. Donnerhall erfüllte die Luft und blutrot färbte sich der Boden. Der Schlachtenlärm war ohrenbetäubend als Schwerter klirrten und Schilde brachen. Männer und Frauen kämpften dennoch mit tödlichen Wunden weiter und namen so viele Verderbte mit in den Tod, ehe sie selbst das Zeitliche segneten. Blut spritze meterweit in die Luft und Speere wurde in die Luft gestochen um die Todesengel abzuwehren.

Einer versuchte Egon zu erwischen doch der Fürst riss das Tartak herum und säbelte den Dämonen entzwei, so dass sich seine Innereien auf ihn ergossen.

Seine Leibwache focht hart und verbissen, doch die Zahlenmässige Unterlegenheit machte sich langsam bemerkbar. Die Menschen wurden erschöpft und der Strom Dämonen wollte und wollten nicht abreissen.

Schließlich stand Egon Ratjanarak gegenüber. Ihr glattes, schwarzes Haar wirbelte um ihren Kopf und sie entblösste ihre spitzen Zähne. Ihre dunkellila farbenen Lippen bestrich sie mit ihrer langen spitzen Zunge. Ihr Gesicht, sowie ihre finstere Dämonenrüstung war blutbesudelt. In der rechten Hand hielt sie Ul’gusch, die blutdürstende Klinge aus den Schmieden des HERSCHERS persönlich.

„Endlich treffen wir uns, Fürst Egon von Schleußen. Ich hatte mich euch – mächtiger vorgestellt“, höhnte die Dämonenfürstin.

„Wollt ihr reden oder endlich verrecken, Dämonenhure?!“, brüllte Egon über dem Schlachtenlärm hinweg und ging zum Angriff über. Funken sprühten in gleissendem Licht als die beiden mächtigen Waffen aufeinander prallten. „FÜR WOLKOR!“; brüllte Egon und seine Armee stimmte mit ihm ein:

„FÜR WOLKOR!!!“

 

Zu beiden Seiten des Passes erhoben sich bedrohlich die spitzen Berge des Druckt-Gebirges. Ihre steilen Abhänge funkelten im Licht der Mittagsonne wie poröser Sandstein. Hinter ihnen lag Chaosstadt, leichter Rauch stieg aus den Schornsteinen der Stadt.

Als sie vor dem Eingang des Passes standen, drehte sich Fremene um und verwandelte sich wieder in eine Fee. Erneut von hellstem Licht begleitet.

„Nicht SCHON wieder!“, knurrte Itznak und hielt sich die Hände vor die Augen. „Warum ist es auf einmal so hell??“, hörte man Veleas, leicht ängstliche, Stimme heraus.

„Keine Sorge, das ist nur die übliche Verwandlungsprozedur.“, meinte Alk und grinste.

„Nun kann ich wieder was sehen.... Hä? Was ist das denn?“, frug Ti-ja und zeigte auf die Fee. Erst jetzt fielen Alk an dem Geschöpf Einzelheiten auf. Sie war, wie alle Feen, weiblich gebaut. Sie hatte lange, spitze und abstehende Ohren, die aber keineswegs unästehtisch wirkten. Schulterlanges, goldenes Haar umrahmte ihr rundliches und bisweilen kindliches Gesicht. Alk hatte früher auch Geschichten über Feen gehört. Sie waren die Beschützer der Welt, die Diener der Götter. Sie lebten am liebsten in tiefen Wäldern, wo sie mit den Lebewesen des Waldes in Einklang lebten. Sie waren zwar klein, aber sie konnten mit ihren Schmetterlingsflügeln fliegen und verfügten über gewaltige magische Kräfte, die selbst die der besten Magier überstieg (zumindest glaubte Alk das). Dafür waren sie sehr zerbrechlich (kein Wunder bei der Größe einer menschlichen Hand) und anfällig für physische Attacken. Legenden besagten, dass wenn man eine Fee fangen konnte, sie einem einen Wunsch erfüllt. Natürlich war nur sehr wenigen vergönnt, auch nur eine Fee zu SEHEN. Bis auf die Elfen, und auch den Elben. Diese pflegten noch die engsten Kontakte mit den magischen Wesen. Wenngleich die Elben auch kaum öfter eine Fee zu Gesicht bekamen als andere Völker Gilas. Vermutlich waren sie schon zu „unmagisch“ oder „ungöttlich“.

Auf jeden Fall waren Feen in der Regel liebenswürdige und freudige Wesen, was man von Fremene kaum behaupten konnte. Ihre Augen waren matt und ohne Glanz und auch die Muster ihrer Flügel wirkten kaum sonderlich lebensfroh, eher „grau“. Hinzu kam ein Schmollmund dessen Lippenenden nach unten verzogen schienen. Alk fragte sich ob die Fee je gelacht hatte. Und selbst wenn, war dies wohl schon eine ganze Weile her.

„Mein Name ist Fremene“, stellte sie sich für die Mädchen noch einmal vor. „Ich bin eine Fee und komme von Muren-askora...“, sie bemerkte den mürrischen Blick von Itznak und hielt kurz inne,“.... Muren, dem letzten Silberdrachen vom Golddrachenberg.“ Sie machte eine bedeutende Pause und musterte die sechs Gefährten. „Nun da das Fehlende von den dreien“, sie zeigte auf Alk, Itznak und Cordal,“ hier gefunden wurde, können wir aufbrechen.“

Ti-ja, Sira und Velea kannten die Geschichte schon aus Clemens Burg. Sie wussten warum sie zum Golddrachenberg gingen. Mehr wurde nicht gesagt und Fremene flatterte voran in die Schlucht...

„Meinst du, sie kann sich vergrößern?“, flüsterte Itznak Alk mit vorgehaltener Hand ins Ohr.

„Keine Ahnung, warum die Frag...“ Alk verstummte und seufze:“ Ich glaube kaum das Fremene für derartiges empfänglich ist Itznak.“

„Wie? Für was? Ich hab doch nichts gesagt.“, grinste der Goblin schelmisch.

„Frag sie doch einfach. Vielleicht ist sie nur keine Aufmerksamkeit gewöhnt.“, stichelte Alk und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf.

Itznak zögerte nicht lange :“Hey du, Fee... öh ... Fremene!..“, rief er bevor Alk ihm den Mund zuhielt und zu sich zog: „Bist du verrückt? Das ist eine mächtige Fee! Wir können es uns nicht leisten sie zu verärgern.“

„Aber du hast doch gesagt...“

„Das war doch nur ein Scherz, alte Socke.“, sagte Alk und gab dem Goblin einen Klaps auf den Hinterkopf.

Itznak schnaufte verächtlich :“Na gut, aber immerhin sind wir diejenigen die die Welt retten werden, da können wir auch ne Belohnung für erwarten, oder?“

„Noch haben wir die Welt nicht gerettet.“, meinte Alk und setzte Itznak wieder behutsam ab.

„Gibt es Probleme?“, wollte Cordal wissen, der erstaunlicherweise mal nicht in einem Buch las. Stattdessen machte er Skizzen und Notizen in einem Buch.

„Sieht man dich auch mal ohne Zettelwirtschaft, Tuntenmagus?“, grunzte Itznak als Antwort.

„Und sieht man dich auch mal, ohne dass du allem, was zwei Brüste hat nachrennst wie ein Ssoluaner?“

„Immerhin check’ ich dass das Leben nicht nur aus Büchern besteht!“

Alk erwartete schon ein Gegenkommentar von Cordal (immerhin stritten die beiden fast immer) doch dieser blickte irgendwie verstört. So hatte er den Magier noch nie erlebt. Gefühle zu zeigen war bei ihm eine Seltenheit und nun hatte Alk Mitleid mit ihm. Alk wollte Itznak schon zurecht weisen, der sich auf ein hitziges Wortgefecht vorbereitet hatte. Auch er erkannte, dass er  zu weit gegangen war und hohlte kurz Luft. Ti-ja verpasste Itznak eine Kopfnuss und mit drohender Faust meinte sie :“Cordal weiß auch das das Leben nicht nur aus Büchern besteht!“, meinte sie mit Feuer in den Augen.

„Kein Grund gleich handgreiflich zu werden.“, murrte Itznak und rieb sich die entstehende Beule, und murmelte was von „Warum immer mein Kopf...“. Velea eilte schon herbei und pustete auf die „Wunde“. Gleich darauf ging’s dem Goblin besser und er erzählte Sira und Velea gleich wieder Witze. Nur Ti-ja und Cordal standen sich noch gegenüber.

„Alles okay?“, wollte sie wissen. Ihre Stimme klang leicht zittrig.

Cordal nickte nur und blickte zum Boden, ehe er trotzig weiterschritt, den Stab in den Boden rammend.

„Mach dir nichts draus, Cordal. Es ist nichts schlimmes daran wenn du nicht so ein Draufgänger bist wie Itznak.“, fuhr Ti-ja weiter fort. Alk hielt es nun für das beste die beiden allein zu lassen und schloss zu den anderen auf um Itznaks Aufheiterungen zu lauschen. Bei dem Anblick der beiden drängte sich nämlich wieder sein eigener Gefühlskonflikt auf...

 

„Danke.“, meinte Cordal mit verzogenem Mundwinkel,“ aber ich weiß selbst, dass ich nicht gut in Gefühlsdingen bin. Es ist auch nur selten, dass es mir was ausmacht... Dann aber...“

„..dann aber richtig, was?“, meinte Ti-ja einfühlsam.

„Ja. – Es fällt mir schwer darüber zu reden...“

„Gut, dann reden wir nicht darüber.“, erklärte Ti-ja lapidar.

„Ist das dein Ernst?“, frug Cordal erstaund.

„Na klar. Gefühle brauchen Zeit. Dich zu drängen wäre genau das falsche. Nur eins sag ich dir: Wenn du reden willst, kannst du mit mir reden, okay?“

Cordal nickte erneut und als sie beide Seite an Seite hinter den anderen hertrotteten, betrachtete der junge Magier die Amazone ein bisschen genauer, als bei ihrem ersten Treffen in Clemens Kerker.

Ohne die Lederrüstung und die Knie-und Schulterschützer, hätte er sie auch für ein Bauernmädchen halten können. Ihr Gesicht war scharf geschnitten, stolz und ihre gerade Nase reckte sich mutig in die Luft. Ihre leicht durcheinandergewirbelten, blonden Haare mit dunkleren Strähnen wippten mit ihrem aufrechten Gang hin und her, wie die Wogen des Drachenmeeres an die Küsten spülten. Ihre zwei rituellen Narben unter ihren Augen wirkten ein wenig wie Tränen, die schon seit langer Zeit vertrocknet waren, aber dennoch Spuren hinterlassen hatten. Cordals Blick senkte sich auf ihre Brust. Selbst unter ihrem Hemd, dem BH (sofern sie denn einen trug), dem Überwurf und der Lederüstung wurde ihre ausgeprägte Weiblichkeit deutlich. Anders als die spitzen, kantigen Berge des Druckt-Gebirges um sie herum, waren sie weich geformt, wie die sanften Hügelketten von Acker oder Neu-Elura....

„Ist etwas?“, wollte Ti-ja wissen, als sie seinen Blick bemerkte.

Cordal schoss die Röte ins Gesicht als ihm bewusst wurde, dass Ti-ja alles mitbekommen haben musste. Wie peinlich! Was würde sie jetzt von ihm denken! Er hatte ihre Freundlichkeit schamlos missbraucht, was für ein elender, unehrenhafter Kerl er doch war ....

Ti-ja lehnte sich zu ihm herüber und küsste ihn auf die Wange. Er spürte die Wärme ihrer Lippen und ihren Atem auf seinem Gesicht. In Cordals Magen rumorte es nun und er blickte lange in ihre tiefen, grasgrünen Augen, ehe er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte.

„I..Ich.....es ...“

Ti-ja lächelte nur und meinte:“ Ist schon gut. Ich nehm’s dir nicht übel. Ich find’s sogar gut.“

„E—Echt?“ Cordal verfluchte sich selbst ob seiner Unreife und Unerfahrenheit.

Sie lächelte noch breiter: „Denk nicht soviel, sonst platzt dein schöner Kopf eines Tages noch.

Das wollen wir doch nicht, oder?“

Cordal schüttelte ebenfalls lächelnd den Kopf :“ Weniger.“

Und als sie weiter gingen, fühlte sich Cordal so gut wie lange nicht mehr. Seit seiner missglückten Prüfung war er nicht mehr so glücklich gewesen.

Wenn er ehrlich war – war dies der glücklichste Moment seines bisherigen Lebens und selbst die Zacken des Druckt-Gebirges wirkten nun nicht mehr annähernd so bedrohlich wie noch wenige Sekunden zuvor...

 

Die Schlucht war sehr eng, und Alk bezweifelte ernsthaft dass mehr als 15 Männer nebeneinander gehen konnten, ohne sich gegenseitig auf die Füße zu treten. Zudem gab es sehr viele Kurven, die man nie vorher einsehen konnte und nur wenige Strecken die geradeaus verliefen.

Fremene schien dies keine Sorgen zu bereiten, sie flatterte unbeirrbar voraus und sagte sonst nichts. Nicht zu unrecht fragte sich Alk warum eine Fee einem Drachen dienen sollte. Die Feen waren seit altersher die Diener der Götter. Und aus der verbotenen Bibliothek der Hüter aus Dunkelstadt, wusste Alk sogar dass die Götter seit je her in Fehde mit den Drachen lagen. Etwas passte hier nicht so recht und Alk wünschte sich er hätte mit dem Finger darauf deuten können. Doch dass konnte er nicht.

Ebensowenig wie er sicher sein konnte, dass dies nicht nur eine einzige riesige Falle war. Wer wusste schon ob die Fee nicht im Auftrag einer dunklen Macht handelte?

Oder ob all das Gerede von „Welt retten“ nicht doch bloss eine Lüge war für etwas vollkommen anderes.

Alk grinste gequält. Sein Misstrauen würde ihn eines Tages ins Grab bringen. Cordal hatte doch die Aura der Fee als „durch und durch ehrlich und freundlich gesinnt“ erkannt. Und er vertraute dem Magier.

Doch irgendwas stimmte trotzdem nicht so recht. Als wären seine Gedanken wahr geworden, sah er sich auf einmal einer Gruppe Trolle gegenüber. Sie hatten sich hinter Felskanten versteckt und traten jetzt in den Pass. Hinter ihnen baute sich eine mächtige Kreatur auf.

Man sagte den Trollen verwandtschaftliche Beziehungen mit den Goblins nach und Alk sah auch Ähnlichkeiten. Auch die Trolle hatten spitze, bisweilen krumme Nasen, abstehende spitze Ohren und spitze Zähne. Doch sie waren eher von gelber Hautfarbe, waren 2m groß und hatten anstatt Pupillen, Augen wie eine Schlange. Sie waren zudem äußerst muskulös und ihre Haut schien obendrein wie zähes Leder.

Es gab verschiedene Arten von Trollen. Es schien fast so, als gäbe es keine einheitliche Bezeichnung für dieses Völkchen. Es gab Trolle wie diese, die auch die „Gemeinen Trolle“ genannt wurden. Sie waren die zahlreichsten und intelligentesten ihrer Art. Dies bewiesen vor allem die „Karawanen-Trolle“. Diese zogen mit riesigen Wägen durch alle Länder und verdienten sich eine goldene Nase durch Handel. Desweiteren gab es die großen, bleichen Höhlentrolle ; grobschlächtige Wesen mit einer geringeren Intelligenz als der von Ogern. Dann noch Wassertrolle, die am liebsten unter Brücken und an Seen lebten, Feuertrolle, die ihre Lager in der Nähe von Vulkanen aufschlugen. Sumpftrolle, die unter der modrigen Oberfläche dümpelten und darauf warteten, dass sich ein einsamer Wanderer in ihre Richtung verrirte. Manche hatten Hörner (ein oder mehrere), andere Flossen zwischen den Fingern, Schuppenhäute und vieles mehr.

„Seit gegrüßt Wandersleut.“, grinste der größte der Trolle und trat einen Schritt hervor. Seine Stimme hatte etwas bedrohliches und war so verzerrt tief, dass seine Worte zur Farce wurden.

„Gebt den Weg frei.“, meinte Alk nur und stellte sich so hin, dass die Trolle sein Schwert sehen konnten.

Der Troll grinste noch breiter:“ Nun ich sehe schon hier müssen wir andere Methoden anwenden. Schickt IHN raus!!“, rief er seinen Gefolgsleuten zu und die große Bestie hinter ihm stapfte nach vorne.

Es war ein Taurus. Ein aufrecht gehender Stier mit großen Hörnern, der vor Muskeln nur so strotze. Aus seinem Mund lief Sabber und ein wildes Glühen lag in seinen Augen. Um seinen Hals ging eine abgerissene Kette, wahrscheinlich war dieses Tier einst ein Sklave gewesen. Wenn Alk sich die Narben an ihm besah, war es dass wohl auch nun noch. Mit einem tiefen, grollenden „Muh!“, stampfte der Taurus durch die enge Schlucht.

Behende sprangen Alk und Itznak zur Seite und der Taurus hieb dergestalt auf den Grund, dass die Erde bebte. Er drehte den Kopf zu Itznak und machte Anstalten ihn zu fressen, als Alk ihm von der Seite sein Schwert reinrammte. Schnaubend vor Wut türmte sich die Kreatur auf und hieb wild um sich. Er schlug sich bis zu Cordal und Ti-ja durch. Die Amazone suchte sich einen festen Stand und wartete auf den Angriff. Cordal schleuderte einen Eisball, der den Taurus an der Brust traf. Wild muhend ging der Taurus stolpernd zu Boden und erneut erzitterte die Erde. Steinbrocken regneten vom Gebirge herab.

Die Trolle warteten nicht lange und griffen an. Alk, Itznak und Sira hatten schwer zu kämpfen.

Vor allem Sira schien überfordert. Zwar gelang es ihr die Schläge der Trolle abzuwehren, aber ihr Waffenarm wurde von den wilden Schlägen langsam lahm, und sie selbst hatte noch nicht versucht anzugreifen. Sie konnte sich einfach nicht dazu durchringen, den Troll zu töten.

Sicher, er war bösartig und wollte SIE töten. Trotzdem musste sie an die Familie denken, die der Troll vielleicht hatte, daran das auch dieser Troll einst ein kleines Kind gewesen sein musste, daran, dass er vielleicht gar nicht so böse war, sondern nur dazu gezwungen wurde!

Alk trieb einem der Trolle gerade ein Schwert durch die Brust, als er bemerkte dass der Anführer der Trolle Itznak am Hals gepackt hatte. Dieser strampelte wie wild, doch er wurde immer schwächer.

Alk wollte ihm zu Hilfe eilen, aber zwei Trolle sprangen ihm dazwischen und nun musste er auf sich aufpassen um die Attacken abzuwenden.

Ti-ja und Cordal wollten sich gerade am toten Taurus vorbeischleichen (sein Leichnam verstopfte den ganzen Pass), als sich der Leib der Kreatur erneut regte. Bevor Ti-ja erneut zuschlagen konnte, gab der Taurus dem Mädchen einen „Klaps“. Aufgrund der Stärke des Taurus wurde Ti-ja allerdings zu Boden geschleudert und spuckte Blut.

Velea stand wimmernd zwischen dem Tarus und den Trollen und wusste nicht wie ihr geschah. Sie saßen in der Falle! Sie sah Cordal, der mit dem Rücken zur Wand stand und wie gelähmt schien. Der Taurus würde ihn zerquetschen! In ihrer Ohnmacht nam Velea einen Stein und warf ihn dem Taurus an den Rücken. Sie tat es mit aller Kraft. Grummelnd drehte sich der Taurus um und bleckte die Zähne und stiess ein donnerndes Knurren aus.

Itznak fühlte wie das Leben aus ihm wich als der Trollanführer fester zudrückte und ihm die Luftröhre abwürgte. „Nun, du kleiner Gobbo!“, höhnte der Troll,“ Wer stammt nun von wem ab??“

Es war ein uralter Streit zwischen den Goblins und Trollen. Sie wiesen Ähnlichkeiten auf, aber keiner wusste welches Volk zuerst dagewesen war. Die Goblins vor den Trollen oder umgekehrt. Selbst die weisesten Elben und Menschen wussten es nicht. Aber Itznak war im Gegensatz zu seinen Artgenossen viel zu stolz um im Angesicht des Todes nachzugeben. Das musste er inzwischen von Alk übernommen haben. Er bleckte ein letztes Mal seine scharfen Zähne:“ Ihr stammt von uns ab,“, krächzte er heiser,“ Denn ich hab mit all euren Müttern gepoppt!!“

Des Trolls Grinsen erstarb. Er hatte anscheinend gehofft, Itznak würde um sein Leben betteln und jammern, wie man es normalerweise von einem Gobbo erwarten durfte. Aber diesen Gefallen tat Itznak ihm nicht. Der Troll hob seine Faust zum Schlag und meinte nur :“Verreck!“

Ein Hieb und Itznaks Genick würde brechen wie ein dürrer, ausgetrockneter Ast....