Knappe
Anno Domini 1133
Es ist die Zeit der Ritter, des Glaubens und der Kriege. Seit dem Untergang des westlichen römischen Reiches haben sich germanische Stämme daran gemacht ihr Erbe dieser einst so hohen Kultur anzutreten. Nach dem Tod des Frankenkönigs Karl des Großen, wurde sein Königreich unter seinen drei Söhnen aufgeteilt. So entstanden das Königreich Frankreich im Westen unter König Karl dem Kahlen, die Burgundischen Fürstentümer in der Mitte unter der Schirmherrschaft von König Lothar und aus dem östlichen Gebiet entwuchs das spätere heilige römische Reich unter Ludwig dem Deutschen. Hier, im einst ostfränkischen Reich, herrscht zur Zeit der mächtige Kaiser Friedhelm II. von allen auch nur „Rotbart“ genannt, mitsamt seinen sieben mächtigsten Vasallen, den Kurfürsten des Reiches.
Im Land des Kurfürsten von Sachsen, Ferdinand „der Kundige“ Streicher, gibt es ein kleines Fürstentum, welches von dem Adelsgeschlecht der Fellers verwaltet wird. Da sich der eigentliche Herr, Albrecht Feller auf einem Kreuzzug in Richtung Jerusalem, der heiligen Stadt, befindet übernimmt sein erst kürzlich zum Ritter geschlagene Sohn Ernst die Aufgabe des Landesherrn.
12.Januar 1133, Hofrieth
Eine bedrückende Stille lag über dem ganzen Wald. Obgleich es mitten am Tage war, wirkte der Wald so düster und abweisend wie in der dunkelsten Nacht. Knorrige Äste und Stämme, wilde Büsche und Dornenranken stellten sich den beiden Gestalten in den Weg, die beschlossen hatten die Bestie zu töten, die schon so viele Wanderer, Bauern und Kaufleute gerissen hatte. Der größere und ältere der beiden war komplett in einen schweren Eisenpanzer gehüllt, mit Kürass, Wappen-geschmückten Schulterplatten, Arm- und Beinschienen. Unter dem Kürass hing das Kettenhemd herab bis zu den Knien und rasselte bei jedem Schritt. Die Beine steckten in schweren Kampfstiefeln, die der weiche Waldboden gierig aufzusaugen schien und mit einem hässlichen Schmatzen wieder freigab. Auf dem Kopf trug der Ritter keinen Helm, dafür aber eine Kettenhaube, und nur ein dreistes Haarbüschel lugte darunter hervor und war das einzige Indiz dafür, dass der Ritter überhaupt Haare auf dem Kopf hatte. Die Haube umrahmte somit ein konzentriertes und jugendliches Gesicht. Er war beileibe kein hässlicher Mann, mit seinen großen grau-blauen Augen, der stolzen, geraden Nase und dem starken Kinn. Sein verzierter Umhang flatterte und raschelte leis, als er entschlossen, Schritt für Schritt tiefer in den Wald stapfte. Die auffälligste Sache an ihm jedoch war das große Zweihänderschwert, welches er in einer Scheide auf seinem Rücken trug und dessen Gurt über seinem Kürass hing. Es war mind. So groß wie ein ganzer Mann und konnte nur von dem Ritter getragen werden indem es schräg auf seinem Rücken hing. Wahrlich, ein imposanter und prächtiger Mann der ohne zu zögern weiter in den dichten Wald zog. Dagegen wirkte sein jüngerer Begleiter bei weitem nicht so imposant. Er trug keine prächtige Rüstung, nur einen Überwurf mit dem Wappen seiner Familie, und denselben Umhang wie der Ritter. Er trug weder Arm- noch Beinschienen und seine Beine steckten in Lederstiefeln, anstatt in schweren Panzerschuhen. Er hatte auch keinerlei Waffe, außer einem kleinen Messer in einer Gürtelscheide. Dafür trug er auf seinem Rücken ein großes Dreiecksschild, ebenfalls mit dem Familienwappen, und dieses scheuerte nun langsam auf seinem Rücken. Der Junge schien nervös und erschöpft, Strähnen von goldblondem Haar hingen ihm vor den Augen. Sein Haar war wirr und ungeordnet, wie das eines Vagabunden. Unterhalb seiner hellblauen Augen verlief eine Kette von Sommersproßen quer über das Gesicht. Er hatte kein so großes Kinn und seine Nase war auch nicht so hochragend und elegant, jedoch war auch er weit davon entfernt der Gemeinschaft als hässlich zu erscheinen. Er wirkte mehr wie ein Lausbub, ein wirbelnder und fröhlicher Bengel, der einen doch recht großen Kontrast zum stolzen Ritter bildete. Doch nun schien der Junge merkwürdig angespannt, ängstlich blickte er nach links und rechts, als erwarter er jederzeit einen Angriff. Denn die Kreatur schlug immer in demselben Gebiet zu, meist auf dem ungeplasterten Wanderpfad der durch den sogenannten Kühlen Wald führte. War vorher nur von einigen Jägern der Umgebung bekannt, dass sie Rehe, Kaninchen und anderes Kleingetier zerfetzt und ausgeweidet vorgefunden hatten, so bevorzugte die Bestie nun auch größere Beute. Des Nächtens könne man sie schnauben und durch das Gehölz stürmen hören, dass einem vor Schreck das Blut ins Gesicht schoss, einem die Knie weich und der Hals ganz trocken wurde. Die Jäger versuchten die Kreatur zu fangen und zu töten, und sie konnten es sogar in eine Falle locken aus der sie leider entkam. Einer der Jäger wurde dabei sogar tödlich verwundet und seitdem machte sich auch bei den sonst so hartgesottenen und geschickten Jägern Angst und Vorsicht breit. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als nach ihrem Landesherrn zu rufen. Der Edelmann und Ritter Ernst Feller brach daraufhin unvermittelt auf und nam sich der Sache mitsamt seines Pagen an, dem Junker Tobias. Diese beiden fanden nun den seit zwei Tagen vermissten Kaufmann aus der nahegelegenden Stadt Hildesheim mit verdrehten Gliedern, aufgerissenen Augen und zerfetzem, ausgeweidetem Leib auf einer kleinen Lichtung inmitten des sonst so dichten Waldes.
Tobias : „Das ist ja schrecklich.“
Ernst : „So ist das Leben, der Schwächere wird stets dem Starken unterliegen. Es wäre ein Wunder, wenn es anders wäre.“
Tobias : „Aber was machen wir jetzt, Herr?“
Ernst : „Weitergehen, was sonst.“
Tobias : „Hast du denn keine Angst?“
Ernst : „Natürlich. Ich wäre ein Narr sondergleichen, hätte ich sie nicht. Angst ist wichtig um zu überleben.“
Tobias : „So wie dieser Mann? Er hatte sicher auch Angst. Man sieht es ihm noch an…“
Ernst : „Angst allein reicht nicht aus, man braucht auch den Mut um sie zu überwinden, Tobias. Denn ansonsten ist man gelähmt, wie der Hase von der Schlange.“
Mit diesen Worten ertönte ein schreckliches Geheul, kreischend wie das einer Harpie und zur selben Zeit dröhnend wie eine Felsenlawine.
Ernst : „Es kam aus dieser Richtung.“
Gemeinsam gingen die beiden Brüder den verschlungenen Pfad weiter. Tobias sah sich furchtsam um, er vermutete jede Sekunden einen tödlichen Angriff. Ernst hingegen machte seinem Namen alle Ehre und wirkte so konzentriert und unerschrocken, dass sein Knappe tief Luft holte, die Brust rausstreckte und sich ebenfalls Mut zusprach. All seine Muskeln waren zum zerreissen gespannt. Sie kamen so an zu einem Felsvorsprung und Tobias musste den Kopf in den Nacken legen um das Ende zu sehen. Dies sah er auch, ebenso eine kleine Bewegung im Felsen über ihnen. Noch bevor der erste Stein den Boden erreichte, riss Ernst seinen Bruder mit zu Boden. Schützend beugte sich Ernst über ihn, als immer mehr Steine herunterpolterten. Einer traf Ernst direkt am Rücken und der Ritter biss die Zähne zusammen als die Wucht ihn tiefer ins Erdreich drückte. Tobias war unfähig zu agieren, bis sie schließlich unter Felsen begraben lagen.
Die Bestie schnaufte zufrieden und gieriger Sabber trof aus seinem fauligem Maul, als es sich die Klippe herunterhangelte und mit einem Satz auf dem Boden landete. Seine Intelligenz war mehr als bescheiden, reichte jedoch aus um einen Gegner wie den Ritter und seinen Knappen nicht zu unterschätzen. Mit ihrem Ruf hatte sie die beiden zu sich gelockt und nun unter Felsen begraben. Es würde eine Weile dauern, aber nachdem sie die Felsen beiseite geräumt hatte, würde sie sich an ihrem Fleisch laben können. Außerdem würde sich ihr fortan keiner mehr in den Weg stellen. Wer einen Ritter verspeisen konnte, galt zurecht als furchtsame Bestie. Umso erstaunlicher also, dass die Felsen sich von alleine bewegten und beiseite rollten. Mit einem Aufschrei befreite sich der Ritter von der schweren Last, die jeden normalen Menschen zu Mus verarbeitet hätte. Auch der Knappe erhob sich unversehrt, geschützt durch seinen Herrn. Sie schüttelten sich kräftig um Staub und kleine Steine von sich zu werfen.
Tobias sah die Bestie zuerst : „W..was ist das, Ernst?“
Ernst kniff die Augen zusammen und er zischte verächtlich: „Ein verdammter Lindwurm.“
Wie zur Bestätigung grinste die Kreatur und offenbarte dabei zwei Reihen scharfer Reisszähne, während ihr peitschenartiger Schwanz unruhig hin und her schwang. Sie beäugte ihn misstrauisch und Ernst wusste, dass Lindwürmer über eine geringe Intelligenz verfügten. Er zog, ohne den Wurm aus den Augen zu lassen, seinen Zweihänder aus seiner Rückenscheide und fragte Tobias wie es ihm gehe.
„Ein paar Prellungen, blaue Flecken... Nichts besonderes. Au.“, meinte der Knappe als sich zur Demonstration auf die Brust klopfte und feststellte, dass er doch nicht so unversehrt aus der Felslawine entkommen war.
„Du hältst dich aus diesem Kampf raus, Tobias. Verstanden?“
„Aber ich...“
„Keine Widerworte! Sofort! Das war ein Befehl, Knappe!“, befahl Ernst schroff.
„Ja, Herr.“ Tobias zog sich zurück und lief zurück zum nahen Wald.
Der Lindwurm reagierte sofort. Er ignorierte Ernst und stürzte sich auf die vermeintlich schwache Beute. Doch der Ritter hatte damit gerechnet, wirbelte herum und schnitt dem Lindwurm den Weg ab. Sie standen sich nun genau gegenüber und der Lindwurm bäumte sich zu ganzer Größe auf. Dabei stellte er sich komplett auf seinen Schlangenleib während seine beiden kräftigen Pranken vor Ernsts Gesicht kreisten. Ernst hob den Zweihänder hoch über den Kopf und erwartete den ersten Biss von oben, doch der Lindwurm überlegte es sich und vergrößerte den Abstand zwischen sich und dem Zweihänder-schwingenden Ritter.
„Mistvieh.“, knurrte Ernst und schüttelte seinen Kopf, „Stell dich zum Kampf!“
Doch der Lindwurm zog sich zur Klippe zurück und mit erschreckender Geschicklichkeit hangelte er sich die Felsen entlang. Und verharrte dort, während sein Blick auf Ernst ruhte. Es lauerte. Ein typisches Verhalten für diese Kreaturen. Wenn Ernst ihm den Rücken zuwandte, würde es sich auf ihn stürzen, wenn er es angriff, würde es sich auf die Felsen zurückziehen. Säurehaltiger Geifer troff ihm aus dem Maul und zischte als es den Boden berührte. Sofort warf sich Ernst zur Seite, als der Lindwurm ihm einen Schwall Säure entgegenrotze. Ein Felsen löste sich mit Blubbern und Blasen auf. Pater Meingut hatte ihn und Tobias zwar gesegnet, jedoch wollte Ernst kein unnötiges Risiko eingehen. Er stierte nun zum Lindwurm hoch, der ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Schadenfreude angrinste. Jetzt erkannte Ernst, dass es sich um ein Weibchen handeln musste. Nur die Weibchen konnten Säure spucken, die Männchen hatten dafür einen Giftstachel an ihrem Peitschenschwanz.
Ernst : „In Ordnung, wenn du nicht zu mir kommen willst, dann bring ich dich eben zu mir!“
Der Ritter hob ein Bein und stampfte so hart auf, dass die Erde unter ihm Risse bekam. Die Erde bebte und Felsbrocken lösten sich von der Klippe. Dem Lindwurm blieb keine andere Wahl, als zu Boden zu flüchten. Ernst hatte damit gerechnet und stürmte ihm nun mit gezückter Klinge entgegen. Sichtlich verwundert blickte der Wurm drein, schaffte es aber noch gerade die mächtige Klinge mit dem Maul zu stoppen. Säuregeifer rann die Klinge entlang als Ernst den stinkenden, fauligen Atem roch, der aus dem Rachen der Kreatur drang. Er schluckte schwer, zwang sich aber zur Konzentration. Lindwürmer waren zwar keine besonders kräftigen Wesen, allerdings hatten sie ein erstaunlich starkes Gebiss. Vermutlich um Knochen zu knacken und das enthaltene Mark auszusaugen. Ein zähes Ringen begann nun, und Ernst spürte wie seine Arme zitterten. Auf einmal liess er jedoch los, und der Lindwurm schnappte ins Leere. Beflügelt von der plötzlichen Schwäche des Ritters schnappte der Lindwurm gierig nach, was Ernst mit einem direkten Schlag auf die Schnauze beantwortete. Gelbes Blut sprudelte aus den Nüstern des Lindwurmweibchens und es taumelte benommen zurück.
Es war nun sauer und fletschte die Zähne wie eine Furie. Ihre Pranken trommelten auf den Ritter ein, der nur mühsam die Angriffe abwehren konnte. Die Wucht der Hiebe lähmte seine Arme und Schweiß brach ihm aus. Schließlich knallte es einmal heftig, als der Peitschenschwanz des Lindwurms Ernst an der Brustpanzerung traff und ihn zurücktorkeln liess. Der Lindwurm setzte nach und griff mit den Pranken nach dem Ritter, hob ihn hoch und drohte ihm den Kopf abzubeissen. Ernst konnte sich dem Griff nicht entziehen, so sehr er sich auch bemühte. Erneut schlug ihm der faulige Atem entgegen und er sah zudem tief in den Hals der Bestie hinein. Oben und unten hatte sie zwei Reihen scharfer Zähne die sich zu den Backen hin verkleinerten und in immer dichterem Abstand folgten. Ernst sah den Lindwurm nun doppelt, seine Sicht verschwamm und er fühlte sich wie in Watte gepackt. Der faulige Atem raubte ihm die Luft und vernebelte seinen Geist. Er war nicht mehr fähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
Tobias hatte die Situation inzwischen von einem Ast aus beobachtet und schritt mit zitternden Knien zur Tat. Er nam den stählernen Dreiecks-Schild mit dem Symbol der Fellers von seinem Rücken und holte einen Stein aus seinem Geschossbeutelchen am Gürtel. Er kniff ein Auge zu, leckte sich einmal über die Lippen, zielte und schleuderte den kleinen Fels mit aller Kraft. Es traff den Lindwurm direkt ins ihm zugewandte Auge.
Heulend schrie er auf und zuckte mit seinem Schlangenleib hin und her. Als Tobias merkte, dass er Ernst noch nicht losliess, liess er weitere Steine folgen, die den Lindwurm aufgrund seiner Schuppen zwar nicht wirklich verletzten, aber nun verdammt sauer machten. Er liess nun von dem halb bewusstlosen Ritter ab und stürzte sich auf den jungen Pagen, der den Schild nun mit beiden Armen vor sich hielt und den Aufprall erwartete. Tobias rutsche das Herz in die Hose, und aufeinmal schien ihm sein Mut sehr töricht gewesen zu sein. Er hörte es einmal schnappen, als hätte jemand eine Scheunentür dichgeknallt, und blickte zögernd über den Schildrand. Er torkelte zurück und fiel hin, befand sich das Maul des Lindwurms doch nur wenige Fingerbreit von seinem Gesicht. „Der stinkt ja widerwärtig.“, bemerkte er nun auch. Und von hinter dem Lindwurm hörte er die Stimme seines Bruders. Sichtlich erschöpft aber ebenso entschlossen, meinte dieser : „Lass deine Gichtkrallen von ihm, Froschfresse!“
„Ist das nicht eine Echse?“, meinte Tobias nur.
Ernst hatte den Lindwurm am Schwanz gepackt und so aufgehalten. Nun zog er ihn immer näher zu sich ran und fing an ihn herumzuschleudern. Erst langsam, dann immer schneller wirbelte Ernst die mächtige Kreatur, und Tobias staunte nur ob der ogergleichen Kraft seines Bruders. Dieser stand im Zentrum und sank mit seinen stahlverstärkten Stiefeln immer weiter in den Boden ein. Mit einem Aufschrei liess Ernst schließlich los, und der Lindwurm krachte unter lautem Getöse in die Felsen. Tobias lief zu seinem Herrn und Bruder, dieser keuchte schwer. „Alles in Ordnung?“ , fragte er und Ernst winkte aggresiv ab. „Zurück! Es ist noch nicht vorbei.“, und griff nach seinem Zweihänder. Er wankte zum noch betäubten Lindwurm und hob die Klinge um ihm den Kopf abzuschlagen. „Schlag Ent-Zwei!“, brüllte der Ritter als die Klinge niedersauste. Der Lindwurm riss just in diesem Moment die Augen auf und spuckte dem Ritter eine letzte Ladung Säure entgegen. Ernst trug keinen Helm und so traf ihn die Ladung voll ins Gesicht. Der Hieb wurde dennoch ausgeführt, und der immer noch grinsende Lindwurm-Kopf fiel plump zu Boden. Der Leib zuckte noch, als Ernst schreiend sein Gesicht berührte und versuchte die Säure abzuwischen. Als er auf die Knie fiel eilte sein Page herbei und war nahezu sofort den Tränen nahe. „Was soll ich tun? Ernst?“ „H-Hol die Flasche mit dem Weihwasser!“ „Hier! Ich hab sie gleich hier!“ Tobias reichte sie seinem Bruder mit zitternden Händen, als er hörte wie die Säure ätzte und zischte. Ernst goss sie sich über das gesamte Gesicht. Tobias kniete neben ihm und stiess Stossgebete aus. Ernst legte den Kopf in den Nacken und die blaue Flüssigkeit vermischte sich mit der Säure. Das Zischen erstarb und die Flüssigkeit lief ihm harmlos am Gesicht herab. Tobias fürchtete seinen Bruder furchtbar entstellt, aber zur seiner Verblüffung war er unversehrt. Er fiel ihm weinend um den Hals : „Ich dachte du würdet sterben.“ „Nana.“, meinte Ernst sichtlich erleichtert, „es braucht schon mehr um einen Ritter aus den Socken zu hauen.“ „Geht es dir besser?“ „Hmmm“, bestätigte Ernst und erhob sich mit Hilfe von Tobias und seinem Zweihänder, von dem das gelbe Blut des Lindwurms tropfte. „Das war ein Kampf..“, murmelte der Ritter schließlich und betrachtete die Überreste der Echse. „Es stinkt immer noch. Schlimmer als vorher.“, meinte Tobias und rümpfte sich die Nase. „Einen Schönheitswettbewerb hätte sie eh nicht gewonnen.“ „Sie? Du meinst es war ein Weibchen?“ „Jepp. Nur Weibchen spucken Säure.“ „Und nun? Was machen wir nun, Herr?“ Tobias Traurigkeit war wie weggeblasen und er grinste über beide Ohren. Stolz auf seinen Bruder, Herrn und Ritter. Ernst grinste : „Wir gehen heim. Aber nicht ohne Trophäe.“
Golden strahlte die Sonne über die entfernten Hügel, über Wiesen und Kornfelder hin zu der Burg der Fellers und den 41 Gebäuden die rund um diese verteilt waren. Dies war das Herz des Fürstentums Hofrieth. Ernst blickte mit einer Mischung aus Stolz und Sehnsucht hinunter in das Tal. Dies war seine Heimburg, hier lebte seine Familie und seine Freunde. Schon von weitem hörten er und Tobias die Jubelrufe der Leute. „Habt ihr es geschafft?“ und „Ist die Bestie tot?“ Ein paar Kinder hüpften aufgreret um Ernst und Tobias herum : „War es ein Drache?“ „Oder war es doch ein Oger?“ „Gar kein Riese, Herr?“
„Junker Feller!“, donnerte eine mächtige Stimme durch die Gassen und die Leute drehten sich erschreckt ob dieses lauten Anrufes um. Es war der Priester des Dorfes, Pater Meingut. Er blickte ernst drein und kam mit festem, energischen Schritt auf ihn zu. Der christliche Priester war ein eher durchschnittlich großer Mann, mit festem Gesicht, durchdringenden blau-grauen Augen, dunkelbraunem, schütteren Haar, Dreitagebart, einer geraden, langen Nase sowie die merkwürdige Eigenart öfters mit der Zunge zu schnalzen. Die Leute wichen verwirrt vor ihm zurück und kurz vor Ernst blieb er stehen. Er deutete auf den Leinenbeutel in dem sich der Kopf des Lindwurms befand. Gelbliches Blut troff am unteren Ende herab. Die Kinder glotzen neugierig und ignorierten sogar Pater Meingut. Dieser fragte in schroffem Ton : „Was habt ihr angestellt, Junker Ernst Feller?“ Ernst war perplex : „Ich bringe den Kopf der Bestie, Pater.“ Meingut lehnte sich zu ihm rüber und meinte mit unheilvoller Stimme : „Also ist sie tot? Habt ihr sie getötet?“ „Ähmmm… ja…?“ Sie starrten sich eine Weile an, Meingut mit halbzugekniffenen Augen und Ernst mit offenem Mund.
Dann grinste der Priester nur und meinte : „Gut gemacht!“ lachte, und klopte Ernst auf die Schulter : „Das muss gefeiert werden. Hahaha! Kommt Leute, holt die Tische und Stühle raus, wir wollen uns ein wenig besaufen! Hahaha!“ Die Leute atmeten erleichtert auf und machten sich an die Festvorbereitungen. Einige bedankten sich noch einmal bei Ernst und schüttelten ihm und Tobias hingebungsvoll und mit Tränen in den Augen die Hand. Insbesondere der alte Horge, ein fast blinder, haar- und zahnloser, gebeugter kleiner Mann, schien überglücklich und sagte nur ein leises, gekeuchtes :“Danke.“ Und humpelte wieder von dannen. Horge war der älteste Mann in und um Hofrieth, und Ernst konnte sich nicht daran erinnern, dass er mal jünger gewesen wäre. „Das war ein komischer Auftritt…“, meinte Tobias dann. „Ja… Pater Meingut hat wirklich einen Sinn für das Dramatische.“ „Und für Blödelei.“, meinte Tobias grinsend. Dafür bekam er von Ernst prompt eine Kopfnuss verpasst. Dies tat Ernst immer, wenn er Tobias eine Lektion erteilen wollte oder auch musste. „Aua.“, meinte der Page kurz darauf. „Pater Meingut ist ein Diener unseres Herrn. Rede nicht so abfällig über ihn, Page!“ „J-ja, Herr. Tut mir leid, Herr.“ Sie schwiegen kurz, aber dann meinte Ernst sanfter : „Aber du hast schon irgendwo recht, Tobias.“ „Hö?“ Ernst schloss die Augen : „Dieser Kerl…. Spinnt.“
„Ach, und wenn ich das sage ist das also schlecht?“ „Du bist auch nur ein Page, Bruder, und als solcher musst du erst noch Demut und Respekt lernen, ehe du dich abfällig über andere auslassen kannst. Verstanden?“ „Ja, Herr. Wollen wir den Kopf nun endlich abladen? Ich krieg schon Krämpfe in den Schultern..“ Ernst seufzte und sie setzten ihren Weg zur Burg fort, vorbei an den emsig wuselnden Bauern und Bürgern der kleinen Ortschaft. „Was soll aus dir nur werden, wenn du ständig so rumjammerst, Tobias?“ „Na, ein Ritter. Das ist doch wohl klar.“, grinste Tobias. „Dir ist es wohl sehr ernst damit.“ „auf jeden Fall.“ Ernst schlug vor : „Wie wäre es als Geistlicher?“ „Nö, zu langweilig. Immer nur reden und beten, beten und reden. Manchmal Segnen, manchmal Tränke weihen… Nein danke.“ „Oder Kaufmann?“ „Und dick und faul werden? Nein, Geld ist nicht so wichtig. Dazu immer falsch lächeln und Intrigen spinnen… Nö.“ „Oder wie wäre es als Bauer?“ „Hmm.. da bleibt man ständig an der selben Stelle, hat keine Abenteuer.. Auch nicht das wahre. Warum schlägst du mir das eigentlich alles vor? Willst du es mir ausreden, Ritter zu werden?“ Ernst lachte : „Ich will mir nur die Konkurrenz vom Leib halten.“ „Hey, das ist nicht gerecht!“ Ernst lachte nur weiter. Vor der Burg stand der einzige Wachtposten und stellvertretende Burgherr von Hofrieth, Michael, von manchen auch nur der „müde Michel“ genannt. Dies lag daran, dass er die meiste Zeit über döste und einen Schlafzimmerblick hatte wie ein Unausgeschlafener Vampir. Tatsache war jedoch, das Michael ein verdammt guter Kämpfer war, und sehr lange ohne tatsächlichen Schlaf aufkommen konnte. Er könne, so behauptete er einst, jahrelang hier Wache stehen, ohne jemals komplett einzuschlafen. Dafür döste er umso mehr. Er hob den Kopf von der Brust und sah Ernst von weitem den kleinen Weg heraufkommen. Es durchzuckte ihn und er stand auf einmal stramm wie ein frischgebackener Rekrut. „Herr Feller, melde gehorsamt : Alles wie immer. Keine Angriffe, keine Diebstähle, keine Störenfriede.“ „Danke, Michael.“, meinte Ernst und ging durch das Torhaus. „Ist das die Bestie, Tobias?“, fragte Michael und klang zumindest halbwegs interessiert.
„Japp. War ein harter Kampf. Und gruselig wars auch.“
„Gut das ihr wieder da seit, Junge.“, meinte Michael nur noch und zog seinen Helm ins Gesicht und döste weiter. Tobias lächelte leicht gedankenverloren.
„Wo bleibst du?“, rief Ernst verärgert von vorne. Ein Ruck ging durch den Jungen und er schulterte den Kopf ein weiteres mal. „Ich ko-home!“
Ernst seufzte nur.
„Und?“, hörte er eine wohlvertraute,
weibliche Stimme.
Der Ritter drehte sich um und erschrak erstmal, als seine Schwester direkt hinter ihm aufgetaucht war. Er sprang mit einem Aufschrei zurück.
„Meine Güte, Liesel! Schleich dich nicht so an mich ran! Himmel hilf.“
Liesel verzog das Gesicht : „Für jemanden der Bestien erschlägt bist du aber ziemlich schreckhaft, Bengel.“ „Nenn mich nicht so, Miesel!“
Liesel war das älteste Kind der Familie Feller und obgleich sie kein Ritter war, führte sie sich meist auf wie die Herrin von Hofrieth selbst. Sie war ein großes Mädchen, nur ein paar Fingerbreit kleiner als Ernst. Kurzes, nackenlanges Haar ließen sie auch ein bisschen bubenhafter wirken als andere Mädchen. Ihr Blick war misstrauisch und sie wirkte ständig missmutig. Tatsächlich war sie aber auch sehr intelligent, konnte fließend lesen und schreiben, und zeigte besonderes Geschick im Umgang mit vielerlei Dingen, wie zum Beispiel dem Harfespielen, ihre scheinbar einzige Leidenschaft. Sie genoss hohes Ansehen bei den Leuten, insbesondere weil sie stets wusste was zu tun war. Im Gegensatz zu Ernst kannte sie die Gepflogenheiten bei Hofe besser als sonst jemand. Aber sie konnte auch ziemlich nervtötend sein, da sie ständig etwas zu beanstanden hatte. Wie jetzt auch :
„Ich nenn dich wie ich will, nur weil du hier der älteste Junge bist, brauchst du jetzt keinen Aufstand verursachen.“
„Ich? Ich soll einen Aufstand verursachen? Das ist ja wohl das blödeste was ich seit langem gehört habe! Du pöbelst mich doch aus dem nichts heraus an.“
„Und wenn dir nun etwas passiert wäre? Wir brauchen dich hier!“
„Hätte ich das Vieh weiter morden lassen sollen, oder was willst du mir hiermit sagen?“
„Ich sage nur, du hättest ein paar mehr Männer mitnehmen sollen! Tobias hätte auch etwas zustoßen können. Ich finde das sehr verantwortungslos von dir!“
„Tobias muss etwas lernen, wenn er Knappe werden soll! Und abgesehen davon bringe ich meine Landsleute nicht unnötig in Gefahr! Ein Lindwurm mag für einen Ritter gefährlich sein, aber für die meisten anderen ist er absolut tödlich.“
„Und für Tobias nicht?“
„Ich kann nicht für zig Männer die Glucke spielen! Tobias ist mein Bruder! Eher würde ich sterben, als dass ich zulassen würde, dass ihm was passiert! Das gilt übrigens für alle hier. Ich habe nämlich einen Eid geschworen, falls du dich entsinnst.“
„Aha. Fein. Na dann hoffe ich du genießt deinen Ruhm, bevor dir irgendwann ein Arm abgebissen wird! Oder gleich der Kopf!“
„Meine Güte, Liesel, du bist nicht meine Mutter!“
„Zum Glück!“ Mit diesen Worten wirbelte Liesel herum und stapfte zum Haupthaus der Burg.
„Himmelarsch und Zwirn. Was ist nur los mit diesem Weib?“, murmelte Ernst.
„Sie macht sich nur Sorgen.“, meinte Tobias der hinzugetreten war.
„Ja, aber kann sie das nicht - anders zeigen? Oder zumindest so sagen, wie sie es meint?“
Tobias überlegte kurz : „Täte mich wundern.“ Und grinste.
„Naja. Bring den Kopf zum Karren und setz ihn dort auf. Nachher wollen wir ihn ins Dorf bringen, damit die Leute sich daran ergötzen können.“
Tobias legte den Kopf schief : „Du scheinst nicht so glücklich damit?“
Ernst zuckte mit den Schultern : „Es ist nicht so dass ich nicht glücklich bin, dass die Bestie tot ist. Es ist nur so, dass wir nicht glauben sollten, damit wäre es getan. Wir müssen stets wachsam sein, wenn wir dafür sorgen wollen, dass es unserm Land und den Leuten hier gut geht. Dieser Augenblick des Ruhms sollte uns nicht zu Kopf steigen..“
„Du bist aber ernst, Ernst. Da vergeht einem ja gleich die Feierlaune.“, meinte Tobias leicht enttäuscht. Ernst drehte sich nun langsam zu Tobias um und starrte ihn mit finsterer Miene an. Dann meinte er mit einer düsteren Stimme, die der von Pater Meingut in nichts nachstand : „Was glaubst du, woher ich meinen Namen habe?“ Tobias schluckte. Und Ernst lachte daraufhin lauthals. Er tapste seinem Bruder auf den Kopf und wuschelte ihm im Haar. Tobias blickte verdriesslich drein. „Das war nicht nett...“ „Haha, ich fand das äußerst nett.“, meinte Ernst schelmisch grinsend. „Hmpf.“ „Nun hab dich nicht so. Hm? Auch ein Ritter darf mal ein Späßchen machen. Anderenfalls steht man ganz schnell in einer Ecke, aus der man nicht so schnell wieder herauskommt.“ „Versteh ich nicht.“, murmelte Tobias. „Wirst du schon noch. Und nun schwing deinen Arsch endlich zum Karren, Page.“, meinte der Ritter und gab seinem Bruder einen beinahe freundlichen Stubs nach vorne. „Nagut.“, meinte Tobias.
Ernst sah seinem Bruder mit gemischten Gefühlen nach. Ungestüm, unbedacht, einfältig, lebhaft und harmoniesuchend, dies waren wohl die grundlegensten Eigenschaften des 14-jährigen Jungen mit dem wirren blonden Haar. Für ihn war das Rittertum voller Abenteuer, Wunder, Ruhm und Gold. Drachen töten, Jungfrauen aus Verließen befreien, hoch zu Roß, den Armen helfend und dem Herrn dienend. Wehmütig blitzte in Ernst ein Bild seiner selbst vor seinem inneren Auge auf. Er sah sich selbst als kleinen Jungen, fasziniert von den phantastischen Geschichten seines Vaters, des Kreuzritters und eigentlichen Herrn von Hofrieth, Albrecht Feller. Beseelt vom edlen Leben eines Ritters wurde Ernst seinerzeit harsch in die Realität zurückgeholt, immer wieder. Doch stets hielt Ernst an den Idealen fest, die Provokationen und Diskussionen mit seinem damaligen Lehrmeister stärkten im Endeffekt nur seinen Glauben und seine Überzeugungen. Und auch wenn Ernst ihn viele male verflucht hatte, so wurde ihm doch spätestens mit der Weihe zum Ritter klar, dass all die Jahre ihn zu einem gereiften Mann hatten werden lassen. Während er nun zum Haupthaus trottete, dachte er bei sich, ob Tobias ein ähnlicher Werdegang bevorstand, oder vielleicht doch ein ganz anderer. Imgrunde schien Tobias für das Ritterdasein zu fragil zu sein, er wäre besser ein Priester oder Mönch beim Orden der brennenden Feder geworden. Aber Tobias war entschlossen, nahezu fanatisch und liess sich durch nichts von seinem Traum abbringen. Zumindest eine passende Eigenschaft : Eigensinn und Entschlossenheit. Ein Ritter war nunmal nicht nur Krieger sondern in erster Linie Landsherr, Verwalter von Lehen und Richter in Streitfragen. Hierfür bedurfte es, jedenfalls zur richtigen Ausübung, mehr als nur eines starken Armes. Und wenngleich Tobias kein besonderes Interesse an Büchern oder der Wissenschaft hatte, so hatte er doch ein ausgeprägtes Gerechtigkeitempfinden. Die Weißheit würde mit der Zeit schon kommen.
Im Haupthaus angekommen, betrat Ernst die Haupthalle. Ein großer Esstisch stand direkt vor dem Kamin, in dem stets ein Feuer brannte. Die Wände waren verziert mit Bannern der Familie, befreundeten Adelsgeschlechtern sowie einigen Prunkwaffen, Bildern und Trophäen. Der jüngste Spross der Fellers, die kleine, 8 Jahre alte Frieda entdeckte ihn zuerst. Sie wirbelte ihm entgegen und sprang direkt in seine Arme. Mühelos hob er sie hoch und drehte sich mit ihr im Kreis, während sie lachte. Behutsam setzte Ernst sie wieder ab. „Mir is schwindelig.“, meinte Frieda und taumelte benommen hin und her, zurück zum Kamin. „Und? Wohin willst du den Kopf haben?“, wollte die Herrin Hofrieths, Mutter von Liesel, Ernst, Tobias und Frieda wissen. Ihr Name war Theudelinde und war in Abwesenheit von ihrem Mann, Albrecht, größtenteils verantwortlich für alles und jeden in und um das kleine Lehen. Wenngleich natürlich ihre Kinder, allen voran Liesel und Ernst, die Ältesten, ihr eine große Hilfe sind und mit Rat und Tat zur Seite standen. Sie trat vor ihn und nam sein Gesicht in ihre Hände : „Ich bin froh dass ihr heil zurückgekehrt seit. So wie wir alle.“ „Auch Liesel?“ Seine Mutter lachte : „Gerade sie. Sie lief den ganzen Tag auf und ab, verschwand sogar kurz in der Kapelle. Dabei ist noch nichtmal ein kirchlicher Feiertag.“ „Ich verstehe. Aber ohne Tobias würde ich jetzt nicht so vor euch stehen.“ „Du denkst, er ist soweit?“ „Vom Alter, vom Mut, vom Herzen, von Kräften her : ja. Einzig allein sein Geist scheint mir noch zu... kindisch, aber das sehe ich nicht sosehr als schädlich. Höchstens als hinderlich.“
„Soll er den Ruhm für den erschlagenen Wurm ernten?“, fragte Theudelinde schelmisch. „Wo denkst du hin! Aber man kann es wenigstens lobend erwähnen. Schon so mancher gestandener Mann lief schreiend vor einem dieser Viecher davon. Das Tobias sich kaum aus der Ruhe bringen ließ, ist Beweis genug für mich.“ „Soso.“ ,lächelte die Herrin sanft. Ernst war dieser Moment nun peinlich : „Sonst noch was?“ „Ich musste nur an deinen Vater denken, er wäre sicher sehr sehr stolz auf dich und deinen Bruder. Wenn er nur wieder hier wäre.“ Ernst errötete noch mehr : „Ich finde du machst das schon – ganz gut, meine ich. Und wir sind ja auch noch da. Und Papa... Vater.. kommt sicher zurück sobald seine Pflichten gegenüber der heiligen Stadt erfüllt sind.“ Theudelinde küsste ihren Sohn auf die Stirn : „Pass du nur gut auf deinen Bruder auf. Und auf dich natürlich. Was auch immer kommen mag, wo auch immer ihr steht, wir sind bei euch.“ „Sogar...?“ „Sogar Liesel, ja!“ Sie lachte erneut, gab Ernst einen leichten Klaps auf die Wange und wand sich wieder Frieda zu, die vor dem Kamin eingedöst war. Ernst beschloss, Tobias in seine Absichten einzuweihen. Im wahrsten Sinne des Wortes, wie er fand.
„Sehet nun die Bestie des kühlen Waldes, welche so fürchterlich wütete und unsere Lande in Angst und Schrecken versetzte! Eine Kreatur, einem Drachen nicht unähnlich, aber hinterhältiger, gemeiner und blutrünstiger noch als die feuerspuckenden Würmer diesseits der Höllen! Erblickt nun, den fürrrchterlichen Lindwurm!“ Schulze Tell riss beide Hände zum Himmel und zwei Männer warfen das Laken zurück. Ein erstauntes Stöhnen ging durch die Menge, als sie den Schädel des Lindwurms erblickten. Ernst lief puterrot an. Dies war beileibe nicht sein Gebiet. „Geliebte Bürger von Hofrieth und weit her, wollen wir nun den Worten desjenigen tapferen Mannes lauschen, welcher todesmutig in den Wald schritt und sich der Bestie stellte. Mein Herr Feller, bitte lasst uns an eurer Erfahrung teilhaben.“ Er applaudierte und die Leute taten es ihm nach. Es wurde langsam dunkel und vereinzelt brannten Fackeln und warfen das Licht auf die Bierfässer, Tische und Stühle. Es war ein lauer Sommer-Abend, in der Ferne bellten Hunde, am Himmel zogen Amseln ihre Kreise. Erwartungsvoll und mit leuchtenden Augen starrten sie auf das kleine Podest, auf dem der Wagen stand. Ernst schritt vor und der Schulze tratt ehrfürchtig und leicht theatralisch zurück. Ernst räusperte sich : „Ähem. Ich bin nicht gut im Geschichten erzählen, dies überlasse ich normalerweise den Barden und Minnesängern. Die können das besser.“ Vereinzeltes Gelächter und aufmunternde Blicke. „Ach, was solls. Ihr alle kennt mich, ich kenne jeden der euren. Und ich bin froh, diese Gefahr von uns allen abgewandt zu haben. Denn ohne euch wäre dies Land nur ein leerer Flecken. Ohne euch wäre Hofrieth nur eine leblose Burg für Krieger und Soldaten. Derenthalber nehme ich die Gefahren auf mich, sei es nun ein Lindwurm, Oger oder auch Räuber. Der Kampf … Der Kampf war hart und alleine wäre ich verloren gewesen.“ Ernst konnte Liesels Blick im Nacken spüren. „Aber dank dem Segen unseres Herren Jesu Christ und seinem Diener, Pater Meingut konnte mir die Säure nichts anhaben, und meine Gedanken waren rein und klar, ohne Furcht. Doch auch meinem tapferen Bruder, ihr kennt ihn alle als „Hühnerschreck-Tobi“, möchte ich hiermit danken. Komm her, Tobias.“ Verlegen aber mit einem Grinsen auf dem Gesicht stolperte Tobias die Treppe herauf, und fiel längs ihn. Gelächter brandete auf. Ernst hob seinen Bruder wie eine Katze ihr Junges am Kragen hoch. Tobias krazte sich verlegen den Kopf und lächelte : „Hups.“ Dann bemerkte er Ernsts strengen Blick und wurde schlagartig still. Ernst räusperte sich erneut : „Was ich sagen wollte, ist folgendes : Seit nun mehr rund sieben Jahren dient Tobias mir treu als Page. Er poliert meine Rüstung, mein Schwert, striegelt mein Ross und tut all jene Dinge, für die ich meist keine Zeit mehr habe. Doch auch Tobias ist älter geworden, und er hat sich als würdig erwiesen auch andere Aufgaben zu übernehmen. Wie ihr vielleicht noch wisst, war es recht ungewöhnlich Tobias bei uns am Hofe zu behalten. Normalerweise geht ein Bub, sobald er das siebente Lebensjahr erreicht zum Hofe eines befreundeten Ritters und wird dort zum Ritter erzogen. Für Tobias sollte dies der weit im Süden lebende Rittersmann Kasimir Lobrecht sein. Doch Tobias“, Ernst machte eine Kunstpause und nam seinen leicht verduzten Bruder in den Arm, „wollte nicht von hier weggehen. Er liebt sein Land und mehr noch, dessen Leute so sehr wie ich es tue. Und wie mein Vater es tut. Darum entschied mein Vater seinerzeit ihn hierzubehalten. Mein Vater, Albrecht, kümmerte sich anstelle Kasimirs um Tobias, bis er vor einem Jahr nach Jerusalem aufbrach, um die heilige Stadt von den Sarazenen zu befreien. Seitdem kümmere ich mich um Tobias Ausbildung. Nun scheint mir mit dem heutigen Tag die Zeit gekommen, wo wir, als Gemeinschaft, Brüder und Schwestern, diesen Jungen in den neuen Stand erheben. Ich gebe hiermit bekannt, dass Tobias zum Knappen ernannt werden möge!“ „Was? Wirklich?“ Tobias war baff.
„Sofern du es überhaupt willst, Tobias. Wie schon gesagt, du kannst auch einen anderen Weg einschlagen…“ Tobias kratze sich nachdenklich das Kinn. Die Leute starrten gebannt auf ihn. Dann meinte er grinsend : „Ach nö. Ich bleib dabei. Ich will Ritter werden!“ Beifall brandete auf. Jemand rief : „Das du uns nun aber die Hühner in Ruhe lässt!“ Alle lachten.
„Zum Zwecke der Konfirmation seines Glaubens und der Rückbesinnung auf die Tugenden und Werte eines jeden Ritters, wird Tobias daher diese Nacht bis zum Morgen im Gebet in unserer Kapelle verbringen. Und sollte er diese Zeremonie erfolgreich bestehen, so werde ich ihn, kraft meines Amtes als stellvertretende Herr von Hofrieth, offiziell zum Knappen ernennen, wo er dann seinen Eid erneuert und bekräftigen mag.“ Pater Meingut hüpfte nun auch auf das Podest. „Ziemlich gewandt für solch einen alten Priester.“, dachte Ernst noch bei sich. „Das kommt zwar etwas plötzlich, aber was wäre diese, Gottes Welt ohne Überraschungen!“, rief Meingut in die Menge. „Ich würde sagen wir gehen nun zur Kapelle, laden unseren Beglückten dort ab und danach wird gefeiert!“, und lachte lauthals. Die Leute jubelten ihm zu. „Folgt mir! Bereiten wir alles vor!“ Pater Meingut und die Menge machten sich sodann auf zur Kapellle. Diese war hauptsätzlich auf Holz erbaut worden. Eine kleine Glocke hing im Glockenturm und erschallte jeden Feier- und Sonntag durch das ganze Tal.
„Hätte man das nicht vielleicht weniger salopp formulieren können...?“, murmelte Ernst geknickt zu sich selbst. Tobias blickte treuherzig zu ihm herauf : „Ich darf nicht mitfeiern?...“ Ernst räusperte sich : „Wir feiern morgen noch mal. Meine Güte, dass geht aufs Geld…“ „Das kannst du wohl laut sagen! Und hätte man das nicht nächste Woche machen können?“, fauchte Liesel die hinzugekommen war. „Ich dachte man könne das gut kombinieren!“ „Na, dass hat ja gut geklappt! Und wieso überhaupt eine Übernachtungzeremonie? Kommt das nicht erst bei der Schwertleite, wenn er Ritter wird?“ „Da kommt das auch, aber wie du eventuell weißt ist es bei uns Tradition, auch die angehenden Knappen eine Nacht im Gebet verharren zu lassen!“ „Ach, und wer soll diese Tradition erfunden haben?“ „Papa hat mir dies oft genug erzählt und wenn du ihm mal zugehört hättest, wüsstest du das auch!“ „Du und deine Geschichten! Werd’ endlich erwachsen, Bub!“ „So wie du? Nein, danke!“ „Träumer!“ „Alte Hexe!“ Die beiden Geschwister stierten sich feindselig an und Tobias sah die beiden vor seinem inneren Auge schon miteinander kämpfen. Aber die Stimme von Theudelinde brachte beide wieder auf den Boden zurück : „Meine Güte, ihr führt euch ja schlimmer auf als sonst! Liesel, man soll die Feste feiern wie sie fallen! Deine Brüder sind heil zurückgekehrt und Tobias wird zum Knappen ernannt. Da kann man ruhig über die Stränge schlagen! Wer weiss ob es uns nächste Woche noch genauso gut ergeht wie in diesen Tagen! Ich bin immer noch die Herrin dieses Hofes und sage wir feiern heute und morgen! Wenn die meisten überhaupt noch stehen können. – Na los. Entschuldige dich bei deinen Brüdern.“ Man sah Liesel sehr genau an, dass es ihr schwerfiel. „Tut mir leid, Ernst. Du hast vermutlich recht.“, brachte sie hervor. Ernst murmelte ein : „Schon gut.“ Und zu Tobias gewandt meine Liesel : „Herzlichen Glückwunsch, Tob…“ Tobias fiel ihr grinsend ins Wort: „Ich bin noch gar kein Knappe, Liesel! Erst morgen!“ „Kann ich erst aussprechen?“, knurrte seine Schwester woraufhin Tobias schlagartig still wurde. Er kannte seine ältere Schwester gut genug, um zu wissen wann man lieber tat was sie sagte. „Na dann eben morgen. Hast dich wacker geschlagen heute.“ Tobias wartete einige Sekunden ehe er antwortete : „Danke..“ „So! Genug Familienspass für heute! Ab in die Kapelle!“, meinte Theudelinde, gab Liesel und Ernst einen Kuss auf die Wangen und mit Frieda an der Hand machten sich die Fellers auf in die Kapelle.
Dem Pagen war mulmig zumute als er die vollgedrängte Kapelle betrat, auch wenn Ernst hoch erhobenen Hauptes vor ihm herging. In der ersten Bank saßen schon Liesel, Frieda und seine Mutter. Hofrieth hatte keinen Knabenchor, weshalb Pater Meingut die Rezitate anstimmte, und die Menschen sie im gemeinsamen Gesang wiederholten. Es gab keine prächtige Orgel, nur die Stimmen der Menschen. Aber vielleicht schaffte just dies eine heimelige Atmosphäre und nam Tobias etwas von seiner Angst. Er kannte ohnehin alle hier, aber nun waren alle Augen auf ihn gerichtet. Er sah Ernst vor sich gehen und konzentrierte sich auf ihn. „Wenn ich so bin wie Ernst kann ich nichts falschmachen!“, dachte der Junge bei sich. So trottete er konzentriert hinter Ernst her und achtete nicht mehr auf die Umgebung. Erst als Ernst stehen blieb und Gelächter aufbrandete, blickte er auf. „Tobias!“, zischte Ernst. Tobias war Ernst bis zum Altar gefolgt, und war noch hinter him geblieben als Ernst sich schon der Menge im Saal zugewandt hatte. Es sah so aus, als würde sich Tobias hinter seinem Bruder verstecken. „Oh!“, entfuhr es Tobias, „Tut mir leid! Tut mir leid!“ Blut schoss Tobias schlagartig ins Gesicht. Pater Meingut schnappte sich Tobias von der Stelle weg und zog ihn zu sich : „Ein Prachtjunge! Folgt seinem Herrn wirklich überall hin!“ Die Leute lachten erneut. „Nun, Tobias, knie nieder vor dem Altar. Zu deiner linken steht nun dein Lehnsherr, rechts ein bescheidener Vertreter Gottes auf Erden, nämlich Meinewenigkeit.“ Tobias kniete nieder und blickte abwechselnd zu den beiden hoch, bis sein Blick auf das große, verzierte Kreuz direkt vor ihm fiel. Es schimmerte prachtvoll im Kerzenlicht und strahlte eine Aura der Ruhe aus, die dem Jungen zumindest einen Teil seiner Nervosität nahm.
Pater Meingut begann seine Ansprache zu halten : „Heute, oh Herr, wollen wir diesen Knaben in den Knappenstand erheben. Bitte gib ihm deinen Segen, denn er ist ein würdiger Vertreter deiner Sache und deiner Güte. Unsere Gemeinde soll hierbei Zeuge und Befürworter dieser Erhebunng sein. Die von gottgesandten zwölf Tugenden sollen fortan von Tobias Feller verinnerlicht werden, bis zum Tage seiner Ernennung zum hohen Herrn. Möge er nimmer den Glauben verlieren und stets unter deinem hellen Schein stehen, aufdass ihm kein Unrecht geschehen möge. Amen.“ Die Menge stimmte mit einem „Amen.“ zu. Nun richtete Ernst das Wort an die Gemeinde : „Ich denke dass meiste habe ich vorhin schon erwähnt, daher fasse ich mich möglichst kurz. Als stellvertretende Herr von Hofrieth, und als vollwertiger Ritter vor Gott und Kaiser, wollen wir den Knappen an seine Pflichten gegenüber der Weltlichkeit erinnern.“ Ernst wandte sich nun an Tobias, der aufmerksam zuhörte : „Tobias, als Knappe bist du deinem Herrn zu Treue verpflichtet, du wirst ihm treu dienen und seinen Befehlen gehorchen. Du sollst ihm nicht von der Seite weichen, es sei denn er wünscht es so. Fortan gehst du hin, wohin er geht. Du wirst essen, was er dir gibt, und all jene Talente erlernen die für die Tätigkeit als zukünftiger Ritter notwenig sind. Dazu gehören der Umgang mit dem Rüstzeug, den Waffen, die Lektüre der Bibel, Lesen und Schreiben, die Jagd, die höfischen Umgangsarten sowie das Erlernen der Wirtschafterei am Hofe. Solange bis dein Herr dich für würdig erachtet, und dich zum Ritter schlagen mag. Die Loyalität teilst du mit deinem Herrn, denn dieser ist selbst ein Diener des Kurfürsten, welcher wiederum dem heiligen Kaiser unseres Reiches dient. Er ist der oberste weltliche Herr, und der größte aller Fürsten und Könige. Diene den Kurfürsten und dem Kaiser wie du deinem Herrn dienst.“ Ernst räusperte sich. „Nun… ich denke das war genug Ansprache, oder?“ Ernst warf einen ratsuchenden Blick Richtung Pater Meingut. Dieser nickte nur aufmunternd und fuhr fort : „Also Tobias Feller, nimmt du diese Ehre an? Dann schwöre es nun mit Gottes Hilfe, lege deine Hände auf diese Bibel und schwöre es bei allem was dir heilig ist.“ Tobias tat es : „Ich schwöre es bei Gott, dem Herrn Jesu und öhmm.. der Kirche.“ Auch Ernst verlangte den Schwur und Tobias wiederholte ihn : „Ich schwöre es bei Kaiser, Kurfürsten und dir, Herr – Ernst Feller..“ Tobias kam sich leicht blöd vor, seinen Bruder mit Nachnamen zu betiteln. Aber es musste wohl so sein. Hoffe er jedenfalls.
„Nun sollst du im Gebet und Gedanken verharren, bis die Morgensonne dieses Haus Gottes erneut erhellt. Dann wirst du es als vollwertiger Knappe verlassen.“, fuhr Meingut fort. Dann wandte er sich wieder an die Gemeinde : „So! Und jetzt wollen wir den Jungen in Frieden lassen und ihn morgen als Knappen begrüßen! Wenn er nicht vorher eingeschlafen ist, haha! Und nun geht, es gibt immerhin etwas zu feiern! Geht mit Gottes Segen!“ Er erhob die Hände und klatschte einmal in die Hände. Dies war Pater Meinguts Art den Gottesdienst schnell zu beenden. Die Gemeinde verließ die Kapelle und strömte zum Marktplatz. Die ersten Musikinstrumente ertönten und erstes Bier wurde ausgeschenkt.
„Tobias, wenn ich dir einen Tip geben darf : Wenn dir die Augen schwer werden, kneif dich in die Wange.“, meinte Ernst als er sich zu seinem Bruder gebeugt hatte. „Danke, Ernst.“ Ernst klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter : „Wir sehen uns morgen.“ Tobias seufzte : „Ja, bis dahin...“ „Muss Tobias nun bis morgen hier bleiben?“ ,fragte Frieda ihre große Schwester. „Ja, und er darf nicht einschlafen.“ „Das ist aber gemein…“ Liesel grinste abfällig : „Tja, typisch blöde Rituale.“ Ernst hörte dies : „War ja klar, dass du das nicht verstehst.“ „Und was soll ich daran verstehen? Jemanden stundenlang knien zu lassen? Und er darf nicht einschlafen? Für mich sieht das mehr nach Folter aus..“ „Ist schon gut, Liesel!“, rief Tobias nach hinten : „Wenn ich jetzt nicht meinen Schwur verinnerliche, wie soll ich dann jemals standhaft sein, wenn es darum geht ihn auch einzuhalten? Dies ist für mich die erste von vielen weiteren Prüfungen. Und ich habe nicht vor sie zu vermasseln!“
„Pff. Macht doch was ihr wollt.“, murmelte Liesel eingeschnappt und ging.
„Ist Liesel jetzt böse?“, wollte Frieda von ihrer Mutter wissen. „Nein, Schatz, sie hat nur einen ausgeprägten Beschützerinstinkt.“ „Würde das aber nie zugeben. Dumme Kuh.“, meinte Ernst. „Bitte keine Flüche in Gottes Haus!“ Ernst errötete und wandte sich um : „Tut mir leid, Pater. Es war nicht meine Absicht…“ Da fiel ihm auf, dass Pater Meingut gar nicht anwesend war. „Warst du das Tobias?“ „Bitte nicht stören, ich verharre in tiefster Konzentration.“ Tobias grinste. „Noch bist du kein Knappe und ein Priester schon mal gar nicht!“, keifte Ernst. „Lasst uns jetzt gehen.“, meinte Theudelinde und gemeinsam verließen sie die nur von Kerzenschein erhellte Kapelle. Draußen konnte man die ersten Sterne sehen während vereinzelte Wolken am Firmament vorbeizogen.
Die Feierlichkeiten dauerten bis spät in die Nacht, Pfeifen und Lauten waren weithin zu hören und Tänze und lautstarke, wenngleich nicht sehr ausgefeilte, Lieder wurden gesungen. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung und Pater Meingut konnte es sich wieder nicht nehmen lassen, jeden unter den Tisch zu trinken. „Ein Priester wie er im Buche steht…“, murmelte Ernst mit einem Stirnrunzeln. Seine Mutter lachte : „Es ist Meingut, und mir ist er so weitaus lieber als irgendein versteifter Meckerer aus Rom.“ „Naja, aber so ist er wie… wie einer von uns.“ „Und ist das etwa schlimm? Man bekommt bei ihm das Gefühl als wäre jeder bei Gott willkommen.“ „Genau. Jeder. Als gebe es keine Verpflichtungen im Glauben. Ich weiß nicht ob das so gut ist. Meines Erachtens ist man auch an seinen Glauben gebunden, denn ansonsten ist er nur ein Schmuckwerk. Und eine Religion ohne Glauben ist wie ein Apfel der von ihnen verfault…“ „Wenn du mal nicht im Kopf verfaulst.“ „Miesel - ach vergiss es.“, brach Ernst vorschnell ab. „Du bist heute besonders miesmutig, Lieschen.“ ,meinte Frieda, die auf dem Schoß von Theudelinde saß und der langsam schon die Augen zufielen. Liesel sagte nichts und schlürfte stattdessen an ihrem Wein.
Ernst warf einen letzten Blick auf die Kapelle und den nun stillen Marktplatz. Er war leicht angetrunken, aber seine Gedanken waren sonderbar klar. Wenn er von seinem Lehrmeister eines gelernt hatte, dann den Alkohol zu kontrollieren und nicht umgekehrt. Tobias war wohl just in diesem Moment tief im Gebet versunken, und Ernst lächelte sanft als er daran dachte. Er war wahrhaftig stolz auf seinen kleinen Bruder. Dann hörte er einen Aufschrei aus der Kapelle : „Au!“, und danach die scheltende Stimme von Pater Meingut. Offenbar war Tobias eingenickt. Ernst seufzte, schüttelte den Kopf und begab sich in den Palas, das Hauptgebäude der Burg. Der Begriff stammte von den alten Römern, welche vor vielen Jahrhunderten noch die ganze bekannte Welt beherrscht hatten. Doch ihre Kultur lebte noch fort und verlieh ihnen so eine gewisse Unsterblichkeit. Gedankenverloren durchschritt der Ritter die Gänge und Hallen, als er aus dem Augenwinkel ein verdächtiges Huschen bemerkte. Sofort spannte der Ritter die Muskeln an und sämtliche Ruhe war verfolgen. Ein Ritter der nicht schnell und kompromisslos reagierte, lebte nicht lange, oder zumindest nicht lange als Ritter. „Wer geht da?“, rief er in die Dunkelheit, und er sah einen Schemen der sich schnell und mit beinahe lautlosen Trippelfüßen von ihm entfernte. Ernst spurtete los. Sein Umhang wirbelte hinter ihm her als er um Ecken bog und schließlich noch sah wie der Schemen aus einem Fenster im obersten Stock sprang. Ernst zögerte nicht und tat es ihm gleich. Er fiel mehrere Meter tief und kam dennoch ohne Verletzung unten an. Gekniet richtete er sich wieder auf und folgte dem Schatten über den Hof. Wer auch immer dort rannte, war kein normaler Mensch. Was wollte er hier? Aber Ernst blieb keine Zeit zum Denken, und die Gestalt huschte in den Bergfried und ignorierte den dösenden Wächter davor. Dieser sprang erst auf als Ernst an ihm vorbeistürmte. Der Ritter stapfte mit weiten Schritten die Wendeltreppe hinauf, während in regelmässigen Abständen Fackeln an ihm vorbeizogen und sein Sichtfeld kurz erhellten. Schließlich kam er oben an, die Turmwachen hatten ihre Klingen gezogen und blickten zum Rand des Turmes. Zwischen zwei Zinnen hockte die Gestalt und saß dort wie ein König, mit den Zinnen als Armlehnen. Wächter Hubert wand sich ohne die Gestalt aus den Augen zu lassen an Ernst : „Herr, dieser Kerl kam so schnell herangestürmt, wir konnten grad so unsere Schwerter zücken, da saß er auch schon dreist dort!“ „Schon gut, Hubert. Ich kümmere mich darum.“ „Passt auf, Herr! Etwas stimmt nicht mit diesem dort!“
Ernst baute sich demonstraiv vor den beiden Wächtern auf. „Sprecht endlich! Ihr seit umzingelt, ihr könnt weder vor noch zurück! Gebt euch zu erkennen, und erzählt mir den Grund für euren hinterhältigen Überfall und das unerlaubte Eindringen in meine Gefilde! Je nach Antwort, werde ich euch verschonen. Ansonsten muss ich euch als Feind der Familie Feller und seiner Landsleute ansehen! Sprecht nun, oder schweigt für immerdar!“
Ein kalter Windstoss untermalte die Szene stilecht. Die Gestalt schwieg zunächst, ehe sie in ein kicherendes Gelächter ausbrach. Die Stimme war viel zu hoch. „Ein Weibsbild!“, keuchte Hubert. „Erraten.“, meinte die Gestalt und sprang von den Zinnen. Sie verbeugte sich gemäß der Ettikette und hob feierlich den Arm zum Gruße : „Verzeiht mir mein dramatisches Auftreten und die Hetzjagd durch euer Gehöft, werter Ernst von Hofrieth. Allerdings wollte ich mich mit eigenen Augen von eurem Geschick überzeugen. Man hört ja so einiges. Und ich bin zufrieden. Kein normaler Mensch könnte mich in der Finsternis erblicken und mir dazu noch so dicht auf den Fersen bleiben.“ Die Gestalt verbeugte sich verneut : „Ich bin geehrt.“ „Wer seit ihr nun?“ „Verzeiht, Herr Feller.“, meinte die Gestalt und warf ihre schwarze Kapuze zurück. Zum Hervorschein kam eine Frau, vielleicht Mitte Zwanzig. Aus tiefen Augen blickte sie Ernst an, dunkle Augenringe zeugten von einer nervösen und rastlosen Persönlichkeit. Sie schien fast zu schlafen, da ihre Augenlider schwermütig herabhingen. Auch ihre Stimme klang nahezu „schlaff“, aber Ernst hütete sich davor sie zu unterschätzen. Wer so durch die Gegend jagte, konnte noch so verschlafen aussehen, aber dennoch voller Überraschungen stecken.
„Man nennt mich Hagarun, ich bin eine „Informantin“ eures und meines Herren Kurfürst Ferdinand Streicher, dem Umsichtigen. Ich komme in einer Angelegenheit zu euch, die nur euch“, sie blickte Hubert und den anderen Wächter, namentlich Martin, an“, betrifft.“
„Obacht Herr! Das ist eine Falle!“, raunte Martin und umfasste sein Schwert noch fester. „Habt ihr irgendwelche Beweise für eure Behauptung?“, frug Ernst schließlich. Hagarun überlegte kurz und lächelte dann : „Ich gebe euch mein Wort, wenn dies euren Ansprüchen genügen sollte. Falls nicht, habe ich noch dieses offizielle und versiegelte Dokument.“, sprach sie und warf Ernst eine Pergamentrolle herüber. Dies geschah so schnell, dass Hubert und Martin zusammenzuckten und nun vor Schreck in Abwehrhaltung gingen, ihre Schilde hoch erhoben. Ernst hingegen hatte das Dokument ohne mit der Wimper zu zucken mit einer Hand aufgefangen. „Hey, Hey! Das nächste mal kannst du es uns auch rüberschieben!“, fauchte Hubert, der sichtlich blass geworden war. „Verzeiht, meine Herren. Ich vergesse manchmal wie ich auf einfache Menschen wirken muss.“ „Einfache...?!“, schnaufte Martin, „Aufgepasst, meine Dame, wir tragen diese Schwerter nicht nur zur Zierde und wissen sie gezielt einzusetzen!“ Ernst hatte die Rolle inzwischen gelesen und meinte dann : „In Ordnung. Hubert! Martin!“ Die beiden zuckten zusammen und salutierten mit dem Schwert in der Hand : „Jawohl!“ „Bitte verlasst uns für diesen Augenblick. Ich erkenne des Kurfürsten Siegel.“ „Seit ihr sicher?“, wollte Hubert wissen. „Ja. Geht nur. Ich werde schon allein mit unserem Gast 'fertig'“. „Wie ihr wünscht.“, meinte der altgediente Turmwächter schließlich und gemeinsam verliessen die beiden den Turm. „Und wehe ihm passiert etwas!“, meinte Martin noch.
Hagarun seufzte nachdem die beiden die Tür hinter sich geschlossen hatten. „Es ist immer wieder erschütternd, wie oft mich Leute niedermachen wollen.“ „Kann man es ihnen verdenken?“, meinte Ernst nur. Hagarun ging nicht darauf ein. Sie schritt zu den Zinnen und Ernst stellte sich neben sie. Fahles Mondlicht erhellte ihre Gesichter. Die Informantin wirkte nun noch blasser und beinahe leichenhaft. Sie schien nicht oft unter der Sonne zu wandeln. „Also?“, meinte Ernst nur. Hagarun schloss kurz die Augen und als sie nun sprach, klang ihre Stimme kräftig und eindringlich, garnicht mehr so lasch wie zuvor. Es war als wäre sie ein anderer Mensch : „Der Kurfürst erwartet die Ankunft einer wichtigen Ware, eines Artefaktes, in Bremen.“ „Der Hansestadt?“ „Exakt. Er beauftragt euch hiermit, nach Bremen zu reisen und dieses Artefakt in Besitz zu nehmen und ihm zu übergeben.“ „Nun – warum entsendet er nicht einen seiner Diener, oder besser noch : Euch?“ Ernst bemerkte ein grimmiges Lächeln um Hagaruns Lippen : „Es gibt mehrere Gründe für diesen Entscheid. Einer davon ist eure Treue und die Achtung die ihr und eure Familie vor dem Eid habt. Zudem seit ihr nicht die einzigen die dieses Artefakt suchen. Es gibt Kräfte, die mit allen Mitteln versuchen werden dieses an sich zu reißen.“ „Und ich soll dies verhindern, und etwagige Diebe abwehren.“ „Abwehren...“, meinte Hagarun stirnrunzelnd : „Besser wäre es ihr tötet sie gleich. Nach unseren Informationen – und ihr wisst, der Kurfürst ist stets 'sehr' gut informiert – werden sie keine Ruh' geben, ehe sie nicht des Artefaktes habhaft geworden sind.“ „Klingt sehr bedrohlich.“ „Eben darum sollt ihr sicherstellen, das das Artefakt sicher zum Hof des Fürsten gebracht wird. Bremen liegt außerhalb des Einflussgebietes des Fürsten und der dortige Erzbischof Adalbert ist nicht sehr gut auf den Kurfürsten zu sprechen. Gelinde gesagt : Er hat Hausverbot in der Stadt.“ „Ich verstehe. Hoffe ich jedenfalls.“ Hagarun lachte auf und bedachte Ernst mit einem schelmischen Seitenblick : „Eure Ehrlichkeit ist erfrischend, Herr Feller. Normalerweise muss ich Menschen lange Zeit beobachten um sie richtig einschätzen zu können.“ „War dies nun ein Kompliment?“ „Eventuell. Das Schiff wird aller Voraussicht nach in einem Monat in Bremen anlegen. Es nennt sich „Seegurke“ und ist eine Einmaster-Schnigge.“ „Welch ein befremdlicher Name.“ Hagarun zuckte mit den Achseln : „Seeleute, wer versteht sie schon wirklich?“ „Aber ich bin doch ebenfalls ein Diener des Kurfürsten, warum sollte der Erzbischof mich einlassen?“ „Eure Familie ist nicht nur bei unserem Kurfürsten im hohen Ansehen, Herr Feller. Auch die Kirche erkennt eure Tugend und euren Eifer im Glauben an. Dies weiss auch der Erzbischof. Er wird euch den Eintritt sicher nicht verwehren.“ „Ihr wisst ja besser über uns bescheiht als ich.“ „Dieses ist mein täglich' Brot, Herr Feller. Und? Nehmt ihr an? Der Kurfürst wäre sehr untröstlich euch zu etwas zu zwingen, was ihr nicht zu tun gedenkt.“ Ernst dachte kurz nach und liess den Wind durch sein Haar wehen. Er sah die umliegenden Ländereien in sanftes Mondlicht getaucht. „Eine Reise hat noch niemandem geschadet. Ich werde es tun. Bremen ist zwar nicht um die Ecke, aber auch keinen Lebensmarsch entfernt. Richtet Herrn Streicher aus, dass ich mich der Sache annehmen werde.“ Hagarun löste sich von den Zinnen und verbeugte sich erneut : „Dies war die Antwort die ich hören musste.“ „Wärt ihr länger geblieben, falls ich verneint hätte?“ Hagarun lächelte erneut und Ernst wurde das Gefühl nicht los, dass sie etwas vor ihm verbarg. Aber dies schien ja ohnehin ihr Geschäft zu sein. „Es war mir eine Ehre, Herr Feller. Ich werde euch wiedersehen.“ Ohne ein weiteres Wort warf sich Hagarun die Kapuze erneut über und sprang mit Anlauf vom Turm. „Verrücktes Weib!“, brüllte Ernst, aber dann sah er noch wie die Informatin beinahe lautlos in einem Baum landete und im Schatten verschwand. „Merkwürdiger geht’s nimmer.“, murmelte Ernst zu sich selbst. Hubert und Martin kamen hereingepoltet : „Alles in Ordnung, Herr? Wir haben euch rufen hören! Wo ist sie?“ Ernst zeigte lässig über die Zinnen. „Gesprungen.“ „Tot?“, frug Martin. „Nein,nein.“,winkte Ernst ab, „Die doch nicht. Moment mal – habt ihr die ganze Zeit gelauscht?“ „Öhm...nein... nicht wirklich...“, stammelte Martin. „Doch haben wir du Idiot. Aber nur für den Notfall! Wir haben ohnehin nichts hören können, es war ja so windig! Ich schwöre es beim Herrn!“ „Schwört nicht so leichtfertig.“ ,meinte Ernst nur, gab Hubert einen Klapps auf die Schulter und begab sich nach unten. „Und macht nicht mehr solange.“, meinte der Ritter noch, als er die Wendeltreppe herabstieg. „Ähh...“, machte Martin nur und kratze sich noch mit dem Schwert in der Hand am Kopf. Hubert zuckte nur mit den Achseln : „Also dann, zurück auf unseren Posten.“
Am nächsten Morgen zog eine feierliche, wennauch leicht torkelnde, Gemeinde Richtung Kapelle. Es war ein kühler Morgen, und über dem Fluss konnte man Nebelschwaden sehen und entfernt Enten quaken hören. Allen voran ging Ernst, der nun die Türen der Kapelle aufstiess. Tobias kniete immer noch vor dem Altar, während Pater Meingut aussah als hätte er drei Jahre nicht geschlafen. „Ich bin noch wach.“, keuchte er. „Nicht ihr solltet die ganze Nacht Wache halten, sondern dieser Bengel, der sich Knappe schimpfen will!“, rief Ernst zornig durch die Halle. Gekichere drang aus seinem Rücken ans Ernst Ohr heran. „Ich bin doch wach!“, meinte Tobias nur, und nun sah Ernst auch die ganzen Beulen an seinem Kopf. Offenbar musste Pater Meingut Tobias die ganze Nacht durch immer wieder „ermutigen“. Ernst schloss die Augen und murmelte ein Stossgebet. Dann schritt er voran, die Gemeinde im andächtigen Gefolge.
„Es war kein leichtes Unterfangen, aber dieser Bube hat noch einmal Gottes Segen erbeten und ich denke, „ Pater Meingut hielt kurz inne und lächelte dann sanft und zuversichtlich, „ nein ich weiss, dass Tobias Feller von Hofrieth ihn erhalten hat.
„Das freut mich zu hören.“, meinte Ernst und deutete eine Verbeugung an. „So denn“, fuhr er feierlich und lautstark fort, „Nun ist der Moment gekommen. Tobias Feller, hiermit ernenne ich dich Kraft meines Titels als Ritter und stellvertretender Herr dieser Lande, zum Knappen. Steh auf, und nimm die zukünftigen Insignien deines neuen Standes entgegen.“ Tobias tat dies (und spürte wie seine Kniescheiben leise knackten) als auch schon Liesel hervortrat und sie ihm einen gut gearbeiteten, blauen Umhang mit dem Wappenskreuz der Feller umlegte. Sie schloss sogar die Fibel, die den Umhang an Tobias Brust festhielt. Danach tapste Frieda vor, und sie war mit Sicherheit die Nervöseste von allen. Ernst sah dass sie zitterte und ihre Augen füllten sich schon mit Salzwasser, aus Angst sie könne etwas falschmachen, bereit zum Weinen. Tobias merkte dies wohl und meinte dann einfühlsam : „Komm her.“, und breite die Arme aus. Erleichtert lief Frieda vorwärts, ja sie rannte förmlich und gab Tobias hastig einen Gürtel aus festem, dunklen Leder mit Eisenschließe. Danach tapste sie wieder zu ihrer Mutter zurück, die sie an den Schultern rieb und sie für ihre Tapferkeit lobte. Pater Meingut selbst übergab ihm ein kleines Kreuzamulett und ein kleines Buch mit den wichtigsten Pslamen und Gebeten. „Möge dich diese Verse begleiten und dir Hoffnung schenken, wenn alles andere versagen sollte.“ „Geil! Kann ich damit auch Untote zerplatzen lassen?“, fragte Tobias voller Eifer. Ernst verzog dass Gesicht, und konnte es sich gerade so verkneifen Tobias eine weitere Kopfnuss zu verpassen. Meingut räusperte sich stattdessen verhalten : „Nunja, eher weniger. Dazu gehört schon ein bisschen mehr. Aber es sollte einen Untoten zumindest anhalten, vielleicht sogar zum vorübergehenden Rückzug zwingen.“ „Enorm!“, grinste Tobias und blickte Ernst erwartungsvoll an. „Nun, als Knappe sollst du natürlich nicht länger ohne Waffe umhergehen. Darum überreiche ich dir hiermit die offizielle Waffe eines jeden Knappen. Ein Kurzschwert, ein Erbstück aus unserer Waffenkammer. Schon unser Urgroßvater, Oskar Feller trug diese Waffe zu seinen Zeiten als Knappe. Sie leistete ihm gute Dienste, ebenso wie unserem Großvater Reinhard, unserem Vater Albrecht und auch mir. Sie ist zwar etwas älter, aber immer noch gut in Schuss, und dies soll auch so bleiben. Also öle sie stets und halte sie im Trockenen sowie in einer mit gutem Fell ausgestatteten Scheide.“ „Ja, Herr.“