Gerds Munkeley

Heute: Über Bauern

 

Es ist interessant zu sehen, wie der Begriff "Bauer" im heutigen Sprachgebrauch meist abwertend gebraucht wird - als Beleidigung einer vermeintlich dummen oder "dörflichen" Person. Dabei gehört der Beruf des Bauern meines Erachtens zu den wichtigsten und "würdigungsvollsten" überhaupt. Aber vielleicht schimpft man einander auch nur einen Bauern weil das Wort so schön ist und man die ursprüngliche Bedeutung des Wortes längst nicht mehr damit in Verbindung bringt. Es gibt sozusagen den "Schimpf-Bauern" und den "Alt-Bauern". Genauso wird ja das Wort "schwul" abwertend gebraucht, wenngleich es auch genutzt wird um die sexuelle Ausrichtung eines Menschen zu umschreiben. Hat also auch zwei Bedeutungen. Aber nichtsdestotrotz veranlasste mich dieser Gedankengang dazu, etwas über Bauern zu schreiben und wieso ich sie für den Kern jeglicher Zivilisation und Grundlage allen uns bekannten Lebens halte. Los gait! ;D

Wenn wir den Theorien glauben schenken können (denn keiner von uns war jemals da um es zu bestätigen, oder?) waren die ersten Menschen Jäger und Sammler in kleinen oder auch größeren Gruppenverbänden die nomadisch umherzogen, stets dem wertvollen Fell und Fleisch der Tiere folgend. Die Männer entwickelten dafür die Waffen und Taktiken um die Tiere zu erlegen und die Frauen hielten derweil das Feuer am Brutzeln und sammelten Beeren, Nüsse, Obst, Gemüse und alles was nur im entferntesten essbar erschien. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, beschlossen die Menschen dann irgendwann Kräuter anzubauen, ob nun zu kultischen Zwecken (Drogen?) oder auch nur als Gewürze. Erst dies führte dann dazu auch die Hauptnahrung (Fleisch, Beeren) durch selbst angebaute Pflanzen zu ersetzen/erweitern (z.B. wilder Roggen oder dergleichen). Infolge dessen wurden die Menschen sesshaft(er) und wurden schließlich zu Bauern. Dies beinhaltete nicht nur die Aussaat und das Einbringen von Getreide sondern gleichzeitig noch die Viehzucht (Kühe, Schafe, Ziegen, Schweine), Werkzeugbau (Sense, Hammer, Sichel...), Weberei (Schafswolle), Gerberei (Leder) und auch das notwendige Abzäunen des eigenen Landes und der Grenzen gegen feindliche Räuber und Tiere (=> Fuchs du hast die Gans gestohlen).

Wenn man sich dann das Hoch- oder Spätmittelalter ansieht, sieht man das die Städte imgrunde dank der Handwerker so erfolgreich waren, welche sich dann in Zünften oder Gilden zusammenschlossen, u.a. um ihr Monopol in einer Stadt zu sichern. Aber dort spezialisierten sich ja eigentlich nur die Arbeiten, die seit jeher von Bauern selbst ausgeführt wurden. Berufe wie der Schmied, Gerber oder Weber sind allesamt dem bäuerlichen Leben entnommen worden. Infolge dessen reduzierte sich der Bedarf der Bauern diese Arbeiten selbst auszuführen und sie konzentrierten sich vermehrt nur noch auf den Anbau von Getreide und Vieh, während sie die Weiterverarbeitung"rechte" mehr und mehr an die Stadt abgaben. Dennoch oblag und obliegt dem Bauern nach wie vor die Grundversorgung. Er muss dafür sorgen, dass der ganze Rest der Bevölkerung mitversorgt wird - neben seiner eigenen. Er muss Überschüsse in höchstem Maße produzieren um all die Handwerker, Städter und Adeligen mitzuversorgen. Ohne ihn würden sie alle verhungern und wie Tiere übereinander herfallen - irgendwann kommt es dann auch zu Kannibalismus wenns ganz dicke kommt. Und dieser Zustand hat sich nicht verändert. Auch in 2010 sind wir nach wie vor auf die Bauern angewiesen wie auf sonst keinen.

Immer noch kommt alles Essbare aus den rustikalen Händen von Bauern die sich auf die Felder begeben und dort Saat aussähen und einbringen. Oder die ihre Tiere züchten und deren Produkte (Fleisch, Eier, Milch) an den Handel liefern. Natürlich rennt keiner mehr mit einer Sense aufs Feld, aber trotz der technologischen Hilfen ist der Bauer immer noch das Rückgrat einer jeden Gesellschaft - der zentrale Kern auf den alles andere aufbaut. Nahezu alle Familien waren seinerzeit (vor den Städten) Bauernfamilien. Es war mit Sicherheit kein leichtes Leben, hart und bisweilen unbarmherzig - aber zu jeder Zeit wusste auch der dümmste Landesherr, dass er ohne Bauern nicht überleben konnte. Nach dem grauenvollen Bauernkrieg 1525, bei dem viele Bauern erschlagen und regelrecht abgeschlachtet wurden, weil sie die Repressalien ihrer Herren nicht mehr ertragen konnten und Widerstand leisteten; nach eben diesem immensen Verlust sovieler Bauern klagten die Herren alsbald über Engpässe und Hunger. Sie hatten gewissermaßen ihre eigene Grundlage - ihre Nabelschnurr - abgesäbelt und wunderten sich nun dass sie nicht mehr (so viel) zu Essen hatten. Diese traurige Entwicklung warf die betroffenen Gebiete um Jahrzehnte (wenn nicht Jahrhunderte) zurück und viele einst stolze Burgen und Dörfer verwaisten und verfielen dem Zahn der Zeit...

In germanischen Zeiten war auch jeder Herr eines Bauernhofes (wenngleich die Germanen viel mehr Viehzüchter waren) ein Krieger und Verteidiger seines Heims und seiner Familie. Er ließ sich vom Dorfschmied (oder auch selbst) eine Waffe schmieden - meist ein Speer - und baute sich seinen eigenen Schild. Diese "Kriegsbauern" waren das Rückgrat und das Herz der germanischen Gemeinschaft und ihrer Heere. Auch die Römer hatten - bevor sie das Berufssoldatentum aushoben - ihre Bauern (die Plebs) die zu den Waffen griffen und in ihren Kriegen kämpften. Sie besaßen die nötige wirtschaftliche Stärke für die nötige Ausrüstung und hatten allen Grund ihre Heimat zu verteidigen. Wenn auch präventiv wie es Cäsar mit Gallien gemacht hatte. Das Problem war nur, dass diese Krieger irgendwann auch nachhause mussten um den Acker zu bestellen und ihre wirtschaftliche Grundlage aufrecht zu erhalten. Genau aus diesem Grund musste das polnisch-litauische Heer seine Belagerung der Marienburg aufgeben, da sie Hunger litten und nach Hause mussten um ihre Felder zu bestellen (neben einigen anderen Problemen natürlich). Auch die Friesen waren zu Zeiten ihrer "Friesisichen Freiheit" vor allen Dingen eines: Bauern. Bauern die sich trafen und ihre gemeinsame Strategie besprachen, die ihre Probleme klärten (bisweilen recht physisch -> durch Fehden) und Recht sprachen. Sie bedurften keines Adeligen der ihre Probleme löste, sie waren ihre eigenen Herren die nur aus Gründen der Zusammenarbeit (Deichbau, Verteidigung ihrer Rechte und ihres Landes) zusammenkamen und erst im Zuge dessen Zugeständnisse machten.

Auch ist der Bauernbetrieb an sich ein wundersames Beispiel für die Gleichberechtigung, und das ganz ohne Gleichstellungsbeauftrage! Denn wie ich aus eigener Hand weiß (meine Oma und mein Opa waren beide Bauern) kann ein solcher Hof nicht funktionieren wenn nicht beide Teile gleichermaßen mit anpacken und mitarbeiten. Opa führt die Kühe aufs Land, Oma holt die Eier aus dem Hühnerstock, Opa fährt mit dem Trecker über'n Acker, Oma macht derweil das Essen, Opa und Oma bringen das Heu rein usw. usw.. Nirgends sonst erlebt man so eine enge Zusammenarbeit - und Zusammenhalt - wie bei einem Bauernehepaar. Zumindest könnte ich mich nicht entsinnen (Körschkenzitat). Außerdem gab es immer frische Kuhmilch (sogar noch warm) wenn man bei Opa war und daran erinnere ich mich immer noch mit (wachsender) Begeisterung. Es ist nicht zuletzt der Verdienst meiner Großeltern, dass ich seit jeher einen großen Respekt vor Bauern habe und dem was sie leisten. Tagtäglich früh morgens raus, arbeiten, Mittag machen (mit anschließendem Mittagsschläfen) und am Nachmittag weiter malochen. Es gibt immer etwas zu tun und ich kann für mich selber sprechen, dass ich wohl schon nach einer Woche tot umkippen würde. Wobei der Mensch ja ein Gewöhnungstier sondergleichen ist, also von daher... Aber ich war ohnehin nie so der handwerkliche Typ, diese Entwicklung ging völlig an mir vorbei. ;) Jedoch schätze ich diese handwerklichen, rustikalen Berufe dafür umso wertvoller und wichtiger ein. Ich fühlte mich trotz der höheren Bildung (die ich nunmal durchlaufen habe) nie als etwas besseres - eher im Gegenteil. Vielleicht bin ich im Herzen auch nur ein "dummer, kleiner Bauer" der einsam auf seinem Feld rumhackt. ;__;

Also ich empfinde die Bauern auf jeden Fall als DIE Grundlage einer Gemeinschaft schlechthin, und man kann meines Erachtens nach den Zustand einer Gesellschaft daran bemessen wie sie mit diesem Teil umgeht. Darum finde ich es umso schlimmer, dass die Bauern zunehmend in wirtschaftliche Not geraten und niemand es für angebracht hält diese Probleme nachhaltig zu beseitigen. Es ist im Interesse aller Menschen, dass dieser Berufszweig nicht ausstirbt oder verschwindet. Sollte es wirklich einmal zum großen Knall kommen und ein dritter Weltkrieg oder ähnlich schlimmes eintreten, dann werden wir händeringend Leute suchen die wissen wie man Getreide anbaut, wie man Tiere züchtet usw.. Wenn der Regierung wirklich an Nachhaltigkeit gelegen ist, dann wird sie das einsehen, erkennen und die nötigen Schritte einleiten um diesem immens wichtigen Berufszweig zu stützen wo es nur geht. Auch ist die Bezeichnung Bauer als Beleidigung für dumme Menschen insofern ironisch, als dass es auch Diplom-Landwirte gibt, die "Bauer" studieren müssen. Selbst wenn man über das theoretische Know-How verfügen sollte, so ist die Praxis doch stets der bessere und effektivere Lehrmeister. Und diese Erfahrungswerte, die es seit Jahrtausenden gibt, sollte man nicht so achtlos über Bord werfen. Genauso empfinde ich bei den Fischern, bzw. den Krabbenfischern an der mir so heimischen Nordseeküste. Auch diese stehen im Zuge von Niedriglöhnen und Preisverfall zunehmend unter existenziellem Druck und auch hier halten sich die politischen Personen unangenehm zurück, wenn es darum geht traditionelle Berufe zu erhalten. Es ist ja noch nicht einmal so, dass sie Verluste machen würden! Seit Jahrhunderten funktioniert der Krabbenfang ohne das die Fischer Not leiden mussten. Und gerade in diesem "modernen" Super-Duper-Alles-2.0.-Zeiten sind wir nicht in der Lage die Rahmenbedingungen so zu schalten, dass diese hart arbeitenden Menschen zu mindestens überleben? Entschuldigung, aber da stimmt doch etwas grundsätzliches nicht mehr. Vielleicht sollte man die Gehälter und Pensionen der Regierungspersonen an die Gehälter der Krabbenfischer und Bauern koppeln - das könnte tatsächlich etwas bewirken. Ansonsten hört man nur Lippenbekenntnisse und die übliche "Machen wir später"-Mentalität in der Hoffnung die Probleme würden sich von alleine lösen. Tun sie aber nicht - haben sie noch nie getan. Eher bewirkt man damit das Gegenteil.

 So - nun schrieb ich mich gerade in eine kleine Rage, ich hoffe es war einigermaßen verständlich was ich eigentlich aussagen wollte. Wenn wir wirklich Wert darauf legen nachhaltig zu handeln, wenn wir weiterhin wollen, dass unser Essen aus dem eigenen Land kommt und nicht aus China / Brasilien / sonstwo, dann sollten wir auch so handeln. Ist doch eigentlich ganz einfach oder? Sogar jemand wie ich sieht es überdeutlich (und ich bin nun wahrlich kein Experte). Momentan kommt viel von unseren Lebensmitteln aus dem Ausland (Bananen, Kaffee - Südamerika usw.). Doch ist es ein sehr instabiles und empfindliches System, diese "Fremdversorgung". Wenn nur ein Schiff kentert, dann fehlen schon am nächsten Tag die Lebensmittel im Supermarkt (wenn nicht vorgehalten wird). Und was dann? Woher nehmen (wenn nicht stehlen)? Und genau DAS ist die Gefahr, die ich sehe: Zusammenbruch der Versorgung! Natürlich kann man Kaffee nicht (so gut) in Deutschland züchten, aber ich denke das Prinzip ist klar. Wir dürfen uns nicht von weit entfernten Bauern abhängig machen die u.a. selbst ausgenommen werden und am Hungertuch nagen müssen. Im Interesse aller die nach uns kommen (wenn man nicht gerade ein Verfechter von "Nach mir die Sintflut" ist) sollten wir dafür sorgen, dass das wichtigste im Leben (= Essen) nicht von so schwankhaften Faktoren abhängig ist. Denn wenn es eine Begründung gibt, mit dem sich die Menschen seit jeher gegenseitig den Schädel einschlagen, dann ist es das Essen.

"Beim Geld hört die Freundschaft auf." machen wir daraus: "Beim Essen hört die Freundschaft auf." Denn das ist weitaus richtiger. Was will ich denn mit Papier?

Dabei fällt mir ein, dass ich schon mal einen ähnlichen Vergleich in "Kohle einsacken" gebracht habe. Ich habs wohl mit dem Essen, ich Schlawiner. *knihi*

Naja, das waren mal meine Gedanken zum Bauern ihr Lieben, ich ziehe mich erstmal wieder zurück (komme aber wiedor!) und verbleibe derweil nachwievor

 

Mit freundlichen Grützen,

Euer GBF'2010-02-15