Oder: Von der Kunst, einen Aal zu lieben
Moin Moin,
Ich nutze die Gunst der Sekunde um über einen fiktiven Charakter zu berichten, der mich seit jüngeren Tagen begleitet und auch massgeblich geprägt hat . Die Rede ist von einem Aal aus dem N64-Game Super Mario 64.
Es ist schwer in Worte zu fassen, also seht es mir altem Greisen nach (ich bin schon FÜNFUNDZWANZIG Lenze alt!), wenn ich nicht viel Sinn ergebe. Im Deutschen heißt diese Kreatur „Kano“ und wer da nicht sofort die Verbindung mit Mortal Kombat denkt, ist wahrscheinlich nicht in den 80ern geboren worden. Im Japanischen heißt Kano einfach nur Unagi, was die japanische Bezeichnung für Aal ist. Sehr kreativ mit dem Namen waren sie also auch im „Heimatland“ von Nintendo nicht. Da ist „Kano“ ja fast schon nobelpreisverdächtig! Uff jeden Fall haust dieser riesige Aal in einer tiefen, finsteren Bucht in der sich keine Fische mehr tummeln. Offenbar hat Kano alle Fische gefressen und die ganze Bucht zum (ökologischen) Tode verdammt. Getrieben von unersättlicher Fressgier wartet Kano nur darauf, dass etwas ins Wasser fällt oder zu ihm taucht um es dann mit seinem gigantischen Maul aufzufressen. Ein erschreckender Gedanke – Kano hat seine ganze Umgebung vernichtet und ist wie ein alles verschlingendes, schwarzes Loch. Hat was von kosmischer Bedrohung in lovecraftschen Dimensionen...
Außerdem klebt Kano auch noch ein
Stern am Arsch, respektive am Schwanzende. Diesen muss man sich dann auch
irgendwann schnappen und Kano dafür aus seinem Algenloch herauslocken (=ein Loch
mit Algenvorhang). Dies ist eine der unheimlichsten und gruseligsten Stellen im
gesamtene Spiel und immer noch für Adrenalinschübe gut. Kano lauert nämlich mit
seinen seelenlosen Glubbschaugen in seinem Loch und wartet bis Mario (ergo die
eigene Spielfigur, aka' Manselbst) nahe genug heran ist. Dann SPRINGT
Kano wie eine Schleuder hervor und reißt sein Riesenmaul auf und schnappt nach
Mario! Als jüngerer Spunt war dies eine Horrorvision wie seit eh und je nicht
mehr. Seit diesem verblödeten Aal habe ich eine unterschwellige Furcht und Panik
vor Unterwasserleveln, Unterwasserspielen und generell dem Wasser. Immer wenn es
Wasser in einem Spiel gibt und man darin tauchen oder schwimmen kann erinnere
ich mich instinktiv an Kano und sein gieriges Maul, dem ich mich stellen musste.
Garstiger, garstiger Kano..
Es ist die Endlosigkeit und vorallem die finstere TIEFE der Meere die so unheimlich und allmächtig erscheint. Außerdem kann man sich in diesen Unterwasserlevels meist nicht verteidigen, sondern nur flüchten! Weder in Super Mario 64, Gothic (1+2) oder diversen Ego-Shootern (Half-Life mit den nervenzerfetzenden Ichtyosaurus-Kreaturen und ihrem lautstarkem "Schnaufen", die sind mindestens genauso schlimm!) kann man sich vernünftig verteidigen. Man ist wehrlos, kann sich schlecht bewegen und begegnet riesigen, zähnefletschenden, seelenlosen Kreaturen die dich ohne weiteres auffressen können. Eine Horrovision, die ich auch in meinen Träumen verarbeiten durfte. Nicht selten träumte ich von Schwimmbädern, Seen oder Flüssen. Entweder ich schwimme friedlich darin, aber meist kommt es zu etwas schrecklichem. In Seen / Flüssen versacke ich oft und werde von Schlamm und Tentakelwürmern hinabgezogen (und ertrinke letztlich) oder irgendein Biest kommt und frisst mich auf. Einmal fiel ich aus den Wolken, nur um auf einem endlosen Meer aufzuklatschen. Natürlich (!) tauchte dann ein gigantischer Kraken auf um mich hinabzuziehen. Lasst die Psychologen den Kram analyisieren wie sie lustig sind – vielleicht steh ich auf Tentakel – wer weiß? LOLOLO!!L Dabei steh ich garnet auf Tentacle-Hentai! (echt nicht, es lässt mich bemerkenswert kalt)
Inzwischen habe ich diese Träume so
gut wie kaum noch und wenn, dann kann ich mich eh nicht mehr an sie erinnern.
Aber ich bin mir sicher, dass sie ihren Ursprung u.a. in Kano/Unagi/Eel hatten.
Dieses rötliche, mit Punkten versetzte, Pelikanaal-artige Schlangenwesen mit den
vorne liegenden, gelben Augen hat sich in mein Hirn eingebrannt und seitdem
begleitet er/sie/es mich. Ich weiß bis heute nicht, welches Geschlecht Kano
haben soll. Ursprünglich hielt ich ihn natürlich für Männlich, da er aggresiv,
bösartig und hungrig ist – aber inzwischen sind dass meines Erachtens keine rein
männlichen Charakterzüge mehr. Es war wohl der deutsche Name Kano der zu der
Annahme verleitete, der Aal wäre männlich – da Kano aus Mortal Kombat ja der
männlichste Kämpfer ist – neben Scorpion natürlich („Come here!“). Aber „Unagi“
klingt für westliche Ohren auch erstmal weiblich und nachdem ich auf Rule 34 –
Seiten ein Bildniss von Kano mit dicken Mörderhupen gesehen habe, war ich
begeistert von dem Gedanken dieser blutrünstige Aal könnte letztlich doch ein
weibliches Wesen sein. Es gefällt mir u.a. auch deshalb, weil ich „sie“ dann
entsprechend meiner kreativ-perversen Natur zeichnerisch verwerten kann, hihi.
;D
Ich halte es überdies nicht für übertrieben zu behaupten, Unagi hätte meine Liebe zu Schlangenartigen Wesen erst begründet. Natürlich empfand ich zunächst Furcht, Abscheu, Panik aber (wie bei der Liebe) auch Herzklopfen. Starke Emotionen, vermutlich leide ich in dieser Hinsicht an einer abgewandelten Form des Stockholm-Syndroms. Kano/Unagi hat mich seinerzeit so verstört, dass ich nun beginne diese Erlebnisse zu verarbeiten und dies geht am besten auf eine – nun sagen wir - „sympathischere“ Weise. Unagi ist nun beides: Schreckenssymbol und Fazinationssubjekt in einem. Die Anziehungskraft des Schrecklichen, des Grässlichen. Ich attestiere diesem Aal eine gewisse Eleganz, Effizienz und mörderische Schönheit. Es ist wie mit Ash und dem Alien aus dem ersten Alien-Film. - „Ich bewundere die konzeptionelle Reinheit.“
Meine erste Verarbeitung der
Kano-Thematik war übrigens die Einführung von Kano in mein eigenes Mops-Kotz
Universum als eine Art Gott : Müllmann Kano. Die „Müllmann Kano“ Geschichte
stammt aus eben jener Zeit, als ich Schiss vor Kano hatte.
Kapitän Ingo kann es bezeugen: Wann
immer ich bei ihm war und wir SM 64 (Sadomaso?) gezockt haben, und dieses Level
kam, fing ich an Spottlieder über Kano zu singen. Ich sang:
„Ich lebe im Müll,
deshalb heiße ich so:
Müllmann Kano!“
Natürlich überspielte ich damit nur
meine insgeheime Furcht vor Kano und versuchte so, ihn weniger schrecklich
erscheinen zu lassen. Es gelang mir nur teilweise. Super Mario 64 ist sowieso
ein gruseliges Spiel – vorallem im Wasser. Und das nicht nur wegen Kano! So gibt
es ein Level mit Bowsers Uboot (und Jürgen Prochnow als Kaleu) und einem
riesigen, unheimlichen schwarzen Loch (diesmal keine Metapher!). Es saugt Mario
sogar ein und wirft ihn aus der Welt! Ich weiß aber nicht ob das als verlorenes
Leben gilt. Auf jeden Fall hatte ich eine Heidenangst vor diesem titanischen
Konstrukt, dass alles zu verschlingen schien dass in seine Nähe geriet. Holy
fuck! Ich hab mir dann auch vorgestellt was für ein Ungetüm aus einem solchen
Loch hervorkriechen könnte, wenn ich schon Kano so schrecklich fand! Meine
Phantasie und Vorstellungskraft dachte sich Horrorwesen aus, die Lovecraft
würdig gewesen wären! „OMG! Was kommt da aus dem Loch, was ist es? Was ist es??
Es ist gigantisch! Es sieht mich an, sein Auge hat mich! Ich komm nicht weg –
ich komm hier nicht weg! Hilfe! Hilfe!!!!! AJJJJJ!!“
So ungefähr. Auch gab es garstige
Haie in dem Level die ich ebenso wenig mochte. Und auch „Nessi“ - eigentlich ein
freundliches Dinosaurier (Plesiosaurus) Wesen in einem Höhlenlevel machte mir
letztlich Angst! Dieses Spiel ist nichts für Aquaphobiker. Aber ich bin auch
dankbar für diese Erfahrungen, denn durch sie erhielt ich die Inspirationen für
viele Kreaturen und auch Charaktere. Ich dachte noch kürzlich daran, wie sehr
meine Version von Jörmungand, der Midgardschlange, Kano ähnelt. Oder wie sehr
ich zumindest eine emotionale Verbindung mit dieser Schlange habe – es lässt
sich alles auf dieses Erlebniss in den 90ern zurückführen als ich Kano zum
erstenmal traf und von ihm angefressen wurde. Wie knuffg, unser „erstes mal“ ;3
GBF'2010-01-25 signin' off (mag wohl besser sein, bevors noch schlimmer wird).... tihi ;)
ANMERKUNG: Es war schon mal schlimmer. Seit froh, dass ich euch verschonte... Seit froh.... (Wie sagte noch Cypher aus Matrix: "Unwissenheit ist ein Segen" *Harfengedudel*)