Heute:
Nachruf auf meine Katze Jacky
geschrieben am 23.01.2010
Im
Moment wo ich diese Zeilen schreibe, liegt meine langjährige Freundin im
Sterben. Entweder das oder sie hat arge Probleme. Ich ging an diesem kalten
Samstag-Abend (23.01.2010) an meiner Garage vorbei, worin auch Jacky ihr
Körbchen und Futterstelle hat. Auf einmal höre ich ein garstige Heulen und
Jaulen, wie ich es noch nie zuvor gehört hatte. Ich hatte auch unseren Hund
rausgelassen und hoffte er könnte das "Frettchen" oder "Wiesel" oder die "Fremde
Katze" vertreiben. Es gibt nämlich noch eine kleine Schwingtür für Jacky, sodass
sie die Garage auch des Nächstens verlassen kann (um Mäuse zu jagen und
dergleichen - Katzen sind ja nunmal nachtaktiv). Aber genausogut könnte ein
anderes Tier auch eindringen. Das war zunächst meine Befürchtung.
Doch als ich das Licht anmachte, sah ich dann Jacky auf dem Boden liegen
und so mauzen wie ein kleines Kind, in regelmäßigen Abständen. Kraftlos lag sie
da, ihr Atem ging flach. Sie schnurrte auch noch nebenbei was mich verwunderte.
Ich dachte, sie wäre krank weil es ein langer, harter Winter war/ist und sie
vielleicht Bandwürmer hätte oder Verstopfungen / Blähungen. Ich klingelte
zunächst bei meiner Schwester durch und mein Schwager kam schließlich noch
vorbei. Er beruhigte mich und meinte Jacky wäre vielleicht wirklich nur krank,
da sterbende Katzen wohl nicht so einen Radau machen würden. Denn Jacky robbte
sich bisweilen stoßartige nach vorne, wie von der Tarantel gestochen und blieb
dann liegen. Es war, als wollte sie noch irgendwo hin, doch ich wusste nicht
wohin. Ich trug sie im Hundekörbchen in unser Haus (Jack war/ist eine
Draußekatze) und hoffte sie würde bald "aufwärmen". Aber auch da hüpfte sie
irgendwann aus dem Korb und blieb auf dem Teppich liegen. Als sie dann ihre
Blase entleerte war ich mir sicher, dass sie nun tot war. Ich telefonierte in
dem Moment noch mit meiner Schwester und meine Stimme versagte mir. Wenn
Lebewesen sterben, verlieren sie auch ihre Kontrolle über die Blase/Darm und das
war ein ziemlich deutliches Zeichen.
Also trug ich sie zurück in "ihr" Körbchen in der Garage. Ich muss zugeben
ich wusste nicht was ich tun sollte. Freilich ist um die Uhrzeit (23 Uhr) auch
kein Tierarzt mehr auf den Beinen, vorallem nicht am Samstag. Auch Sonntags
hatten sie nicht geöffnet. Dabei ging es ihr noch am nachmittag ganz gut
(zumindest äußerlich) und ich streichelte sie noch als ich gerade dabei war den
Ölstand, Kühlflüssigkeit etc. von meinem Auto zu überprüfen. Ich dachte mir,
wenn dann soll sie wenigstens in ihrem eigenen Korb sterben. Sie hörte nie
wirklich auf zu maunzen und ich streichelte ihr Gesicht. Aber sie starb noch
nicht, und selbst in diesem Moment (0 Uhr) ist sie wohl noch am heulen. Wir
konnten nichts für sie tun. Mein Vater hat sich noch einmal rührend um sie
gekümmert und sie regelrecht "gestriegelt" und für ein paar Sekunden sah es
danach aus, als würde sie jetzt endlich einschlafen und genesen(meine
Hoffnung)/oder sterben. Aber sie wachte immer wieder auf, streckte ihre Pfoten
von sich, verkrallte sich in die Decke die wir ausgebreitet hatten und wälzte
sich herum. Es war/ist ein trauriger Anblick und man kann nur hilflos daneben
stehen, die Tränen im Zaun halten und zusehen wie ein geliebtes Mitglied der
Familie langsam sein Leben aushaucht. Normalerweise halte ich mich für einen
recht emotionsresistenten Typen, aber sowas kann wohl niemand ohne weiteres
verkraften. Und das ist auch gut so.
Jacky ist/war nun weit über 10 Jahre alt und wir haben sie damals aus einem
Tierheim in der Stadt Norden geholt. Wir wollten eine "Draußenkatze" und Jacky
lebte sich schnell bei uns ein. Sie hatte eine ziemlich wilde Fellkombination
aus Weiß, Braun und Schwarz und hatte einen sehr gemütlichen, leicht
merkwürdigen Charakter. Sie konnte nie still sitzenbleiben, auch nicht wenn man
sie streicheln wollte. Stattdessen lief sie immer hin und her und wuselte einem
zwischen den Füßen umher. Sie fing sporadisch auch Mäuse (sehr praktisch!) und
wir fanden die Überreste dann in meiner Garage. Gott weiß, wieviele Mäuse ich
schon begraben durfte... Aber so sind Katzen nunmal. Sie war immer froh wenn man
sie gestreichelt hat und lief einem dann ein Stück weit hinterher.

Auch hatte sie eine Vorliebe für die Futtertrogs von unserem Hund, sowohl
Essen als auch Trinken. Dabei bekam sie jeden morgen Katzenfutter (mal Hühnchen,
Rind oder Fisch) und auch "Breckis" (Trockenfutter). Aber Jack war halt nicht
satt zu kriegen. Liegt wohl in unserer Familie. Jedenfalls hat sie ihr Essen in
den letzten Tagen kaum angerührt und das mag ein Indiz dafür gewesen sein, dass
es mit ihr zuende ging. Ich denke jetzt nicht mehr, dass sie nur krank ist. Denn
meine Tante hatte dereinst eine ähnliche Situation. Ihre Katze war die ganze
Nacht am Mauzen und sie blieb die ganze Zeit bei ihr. Aber irgendwann ist sie
dann entgültig verstummt. Ich denke Jacky ereilt ein ähnliches Schicksal. Ich
dachte immer, Katzen würden heimlich, still und leise abtreten, aber dem ist bei
Jacky nicht so. Es ist, als würde sie gegen den Tod ankämpfen, aber wie wollte
man ihr dabei helfen? Die Zeit holt uns alle irgendwann ein, aber wenn es einem
selbst (oder einem Liebsten) wiederfährt, dann klingt diese Weißheit doch
ziemlich abgedroschen. Es schmerzt einfach, physisch und psychisch, die
Hilflosigkeit ist erdrückend und macht einem das Atmen schwer.
Jack und ich (ich nannte Jacky immer nur Jack) hatten dennoch eine tolle
Zeit und ich hoffe sie wusste, dass wir sie lieben und auch immer noch lieben
werden. Ich denke, dass hoffen alle Angehörigen die den/die Verstorbenen geliebt
haben und ihn vermissen werden. Es kommt so schlagartig, mit einer bizarren
Urgewalt die wir nicht verstehen können. Heute nachmittag war doch noch alles in
Ordnung, und nun auf einen Schlag? Ähnliches erfuhr ich mit meinen Großeltern.
Das war ebenso plötzlich wie nur irgendwas. Es reißt einen Menschen direkt aus
deiner Mitte - aus einer Mitte mit der du aufgewachsen bist, die dich geprägt
hat und ohne du dir ein Dasein nicht vorstellen kannst. Sie waren immer schon da
gewesen, sie können doch nicht einfach verschwinden! Aber so ist die Welt nunmal,
und man kann nur versuchen das beste mit der Zeit zu machen die einem zur
Verfügung steht. Denn das Ende kommt - wie weiß keiner - aber es kommt. Das ist
die letzte große Gewissheit. Das alles endet, und nichts Bestand hat. Aber wir
bleiben alle miteinander verbunden, aus unserer Asche erwächst neues Leben und
formt sich immer weiter. So gesehen leben wir wirklich bis in alle Ewigkeit.
Solange sich die Erde um die Sonne dreht, solange Leben möglich ist, werden wir
ewig sein. Und selbst wenn unser Sonnensystem kollabiert - unsere Materie
vergeht nicht, sondern wandelt als kosmischer Staub umher um irgendwann
vielleicht woanders Leben zu ermöglichen.
Das war jetzt ziemlich harter Tobak, "nur" weil meine Katze gestorben ist,
aber mir geht es jetzt schon etwas besser. Wir leben wohl um zu lieben, und
sterben, um die Lebenden daran zu erinnern, dass sie genau das tun sollten. Denn
für alles andere ist die Zeit zu schade. Nun versuche ich auch noch eigene
Sprüche zu generieren, was bin ich auch für ein komischer Typ, nicht? Jedenfalls
hoffe ich mit Inbrunst, dass Jacky nun endlich im Katzenhimmel landen mag um
dort den ganzen Tag Hundefutter zu essen. Oder Mäuse zu jagen - oder was auch
immer ihr Spaß gemacht hat. Auf jeden Fall soll sie zufrieden sein, denn genau
DAS stelle ich mir unter dem Himmel vor. Eine Welt, ein Dasein, ohne Sorgen,
ohne Angst. Vollkommene Zufriedenheit, ganz gleich was passiert oder was du auch
machst. "Seligkeit" mag man es nennen.
Das Leben ist ein Kampf, aber wenn sich jemand eine Auszeit davon nehmen
kann, dann ist es wohl nicht mehr so schlimm wie man anfänglich befürchtet.
Jacky hat es hinter sich, sie ist nun im Frieden mit sich und der Welt.
Akzeptieren muss ich es, so schwer es auch fällt (habe immer noch einen
trockenen Hals).
Auf Wiedersehen Jacky, du alte Gurkenkatze! Wir sehen uns in Valhalla oder
wo auch immer wir am Ende landen mögen!! Reservier mir einen Platz, ich komm
dann später nach! Bis denne, Jack! Ich liebe dich! Dein "Herrchen" und
Streichelmensch :
GBF'10
